Lausitzer Rundschau: Der ständige Sitz
Cottbus (ots)
Die Lausitzer Rundschau, Cottbus, zu: Deutschlands Rolle in der Welt und der UN Sicherheitsrat
Deutschland ist das bevölkerungsreichste und wirtschaftlich stärkste Land Europas. Auf internationaler Bühne war es machtpolitisch jahrzehntelang ein Zwerg, eine logische Folge seiner unrühmlichen Geschichte. Seit der deutschen Einheit und dem Ende des Kalten Krieges ist die Bundesrepublik wieder ein souveräner Staat, darüber hinaus ein geachtetes Mitglied der Völkergemeinschaft. Jetzt strebt Rot-Grün, gegen den Willen der Opposition, einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen an. Ist dieses Streben nach mehr Einfluss sinnvoll? Der Sicherheitsrat ist das wichtigste Gremium der UN. Die Vereinten Nationen haben diesem Rat fünf ständige Mitglieder mit Vetorecht, zehn nicht ständige Mitglieder die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit übertragen. Dass diese Aufgabe bislang nur unzulänglich erfüllt werden konnte, lag auch an den veralteten Strukturen der 1945 gegründeten UN. Generalsekretär Annan hat nun den Anstoß zur Reform gegeben. Ein ebenso ehrgeiziges wie notwendiges Vorhaben, das von Berlin nachdrücklich unterstützt wird. Es liegt in der Natur der Sache, die Frage nach der Zusammensetzung des Sicherheitsrates zu stellen. Bundeskanzler Schröder und Außenminister Fischer haben Recht mit der Feststellung, dass der Rat die Realitäten in der Staatengemeinschaft im 21. Jahrhundert widerspiegeln muss. Zweifellos ist die Welt heute eine andere als vor 60 Jahren. Insofern ist es vernünftig, Gewichte, die sich verschoben haben, neu zu justieren. Die Interessen der Länder sind breit gefächert. Auch Eifersüchteleien spielen eine Rolle: Mancher europäische Konkurrent gönnt es den historisch vorbelasteten Deutschen nicht, in den weltpolitischen Olymp aufzusteigen. Dennoch ist es richtig, einen ständigen Sitz anzustreben und es ist taktisch klug, mit den weiteren Aspiranten (Brasilien, Japan, Indien) einen Interessenbund zu gründen. Deutschlands Anspruch ist schon deshalb legitim, weil es seit langem der drittgrößte Finanzier und der zweitgrößte Truppensteller bei UN-Missionen ist. Und die UN brauchen Deutschland, weil es stark und stabil ist und ein Helfer- Syndrom hat. Gewiss, ein ständiger Sitz hätte gravierende Folgen, in politischer, finanzieller und militärischer Hinsicht. Doch wer das Wort Verantwortung so oft in den Mund nimmt wie dies Unionspolitiker tun, der sollte sich auch selbst ernst nehmen.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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