Lausitzer Rundschau: Die Lausitzer Rundschau Cottbus zum Prozess gegen Saddam Hussein: Das falsche Tribunal
Cottbus (ots)
Diktatoren haben den Anspruch auf Gerechtigkeit mit ihren Taten selbst aufgegeben. Wer Menschen solches Leid zufügte wie Saddam Hussein, kann weder auf die Unschuldsvermutung noch auf Gnade hoffen. Denen, die erleben mussten, wie ihre Liebsten vergast oder von den Mordbanden des Regimes abgeschlachtet wurden, steht ihr Urteil zu, wie hart es auch ausfallen mag. Und dennoch ist das, was gestern im Irak mit dem Prozess gegen Saddam begann und mit der Hinrichtung des einstigen Henkers enden wird, ein Irrweg. Es ist die trügerische Fiktion eines rechtsstaatlichen Verfahrens in einem Land, das noch kein Rechtsstaat ist. Den USA fehlte nicht nur der Mut, auch diesmal wie einst in Nürnberg darauf zu beharren, dass Sieger ein Recht auf ein Urteil über den besiegten Verbrecher haben. Entscheidend für ihr Zögern, Saddam von einem alliierten Militärgericht aburteilen zu lassen, war nämlich die Gefahr, dass es sofort einen Streit um die Anwendung der Todesstrafe gegeben hätte, die in Ländern wie Großbritannien und Italien abgeschafft ist. Den Prozess jetzt irakischen Sondergerichten anzuvertrauen, war wieder eine dieser Verlegenheitslösungen, die insgesamt charakteristisch für die Besatzung des Zweistromlandes sind. Dabei wird es im Irak kaum jemanden geben, der daran zweifelt, dass letztlich die amerikanischen Berater doch im Hintergrund die Fäden ziehen. Wenn die USA den sicheren Eindruck der Siegerjustiz wirklich hätten vermeiden wollen, dann nur durch die Einschaltung der durch UN-Beschlüsse etablierten internationalen Gerichtsbarkeit in Den Haag. So aber bleibt das Verfahren gefangen in den Widersprüchen der amerikanischen Irak-Politik. Es soll den Eindruck erwecken, das Land sei tatsächlich befreit und zu selbstbestimmtem Handeln fähig. Gleichzeitig aber wollen die USA weiter die Entwicklung unter ihrer Kontrolle und vor allem ohne internationale Einmischung wissen. Saddam, der ihr Gefangener war und ist, wird damit auch Opfer dieser widersprüchlichen Politik und Held aller nur denkbaren Verschwörungstheorien. Das haben vor allem seine Opfer nicht verdient. Ihnen wäre vielmehr mit einem Prozess gedient, in dem erfahrene und glaubwürdige Rechtsexperten die Untaten des Mannes nachvollziehbar hätten werden lassen. Die Urteilsfindung selbst ist in solch einem Verfahren zweitrangig. Die Suche nach der geschichtlichen Wahrheit muss im Vordergrund stehen.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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