Lausitzer Rundschau: Zu SED-Opfer/Entschädigung: Das schwere Mitleid
Cottbus (ots)
Die Lausitzer Rundschau, Cottbus, zu SED-Opfer/Entschädigung:
Über so viele Jahre hinweg haben weder CDU noch SPD eine wirkliche Entschädigung für die Opfer der SED-Herrschaft zu Stande bekommen. Jetzt endlich, zum 53. Jahrestag des 17. Juni, kommt Bewegung ein die Diskussion. Bald werden politische Häftlinge der DDR mit einer dauerhaften Pension rechnen können. Dies ist ein wichtiger, ein folgenreicher Schritt für Deutschland. Ein Schritt, der - auch wenn dies zunächst paradox klingen mag - erstaunlich früh kommt. Denn mit der Opferpension verbunden ist etwas sehr Bestimmtes in der Diskussion um die DDR. Mit ihr verbunden ist die Bekundung des Respekts, auch des Mitleids, den die Gesellschaft denen schuldet, die von der SED verfolgt wurden. Selbstverständlich ist dies keinesfalls. Die SED-Opfer stören in Ost und West gleichermaßen. Sie sind das schlechte Gewissen nicht nur der Täter, sondern auch der Ignoranten und Gleichgültigen. Sie verkörpern die nicht einfach zu beantwortende Frage nach der eigenen Verantwortung. Dass Menschen großes Unrecht geschieht in der DDR, war in Ost und West gleichermaßen leicht zu erkennen. Wer zuhören und hinschauen wollte, der wusste nur zu genau, mit welcher Rücksichtslosigkeit die SED ihre Diktatur verteidigte. Den Menschen, die dabei im Wege standen, wurde ihre Würde geraubt und das war tatsächlich ganz einfach zu erkennen. Damit aber wurden sie auch zur Anklage für jeden, der aus durchaus nachvollziehbaren Gründen wegsehen wollte. Denn das wirklich schreckliche einer Diktatur ist ja nicht nur ihre unmittelbare Grausamkeit. Ihr stetiger Versuch, die Menschen zur Gleichgültigkeit, zur Mitleidlosigkeit zu zwingen, hat am Ende die verheerende, nachhaltige Wirkung. Die alte Bundesrepublik war, ist bis heute keine große Hilfe im Umgang mit solchem Erbe. Sie ist belastet aus der Zeit ihrer scheinbar besten Jahre, in denen sie die Wiederkehr der Verbrecher zuließ. Sie hat das Selbstmitleid der NS-Mitläufer vorgelebt, die keine Zeit zu haben schienen für das große Leid, das zwölf Jahre auch in ihrem Namen angerichtet geworden war. So gesehen ist dieser 17. Juni des Jahres 2006 eine große Hoffnung. Wir kommen spät zwar und doch erfreulich schnell dazu, denen in Würde zu begegnen, die für den Anspruch auf die Freiheit ihren Preis bezahlt haben.
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