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Lausitzer Rundschau

Lausitzer Rundschau: zu: Grass, die SS und die Stasi

Cottbus (ots)

Es war zu erwarten, dass jetzt nach der Waffen-SS
auch noch kurzzeitig die Stasi durch das Leben des Schriftstellers 
Günter Grass geistert. Er hatte Anlass genug dafür gegeben in den 
Jahren seit dem Ende der DDR, als er sich gegen die Aktenöffnung der 
DDR-Geheimpolizei stellte und insbesondere die über ihn gesammelten 
Unterlagen unter Verschluss halten wollte. Da muss zwangsläufig die 
Frage aufkommen, ob er befürchtete, dass die Stasi wusste, dass er 
einiges zu verbergen hat.
Aber so einfach ist der Fall Grass nicht gestrickt. Die Lebenslüge 
des Nobelpreisträgers ist ja nicht seine Jugendsünde in der Uniform 
mit dem Totenkopf. Sein Dilemma sind diese vielen Jahre der 
Verweigerung der Wirklichkeit. Die Waffen-SS passte nicht in das 
Leben, das er sich wünschte. Also gab es sie nicht.
Und hier tut sich dann doch ein Zusammenhang auf mit seiner 
Abneigung, die Stasi-Akten offenzulegen. Grass ist darin ja auch nur 
ein exponierter Vertreter jener westdeutschen Altlinken, die in der 
Rückschau auf die DDR sofort antikommunistische Verirrungen 
befürchten. Er steht nicht nur in eigener Sache seit unzähligen 
Jahren dafür, dass die Fakten im Zweifelsfall der lieb gewordenen 
Haltung anheim fallen.
Tatsächlich war die Waffen-SS nicht wie die Wehrmacht, die Stasi 
nicht wie der BND und die DDR nicht wie die BRD. Die Geschichte ist 
nicht ein Steinbruch, in dem man sich nach Belieben bedient, um 
anschließend um sich zu werfen.
Wer im Umgang mit seinem Leben in die Lüge flüchtet, betrügt vor 
allem sich selbst. Er betrügt sich um all das, was notwendig, was 
hilfreich ist in der Auseinandersetzung um das Gewesene, das Getane. 
Dass er als junger Mann schrecklich belogen wurde, dafür hätte Günter
Grass sich nicht schämen müssen. Darüber hätte er besser geschrieben.
Hat er aber nicht.

Rückfragen bitte an:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
lr@lr-online.de

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