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Mitteldeutsche Zeitung: Wirtschaftliche Lage in Deutschland
Rürup verweist auf anhaltenden Reformbedarf

Halle (ots)

Der Vorsitzende des Sachverständigenrates der
Bundesregierung zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen 
Entwicklung, Bert Rürup, hält die bisherigen Reformen der Großen nur 
teilweise für gelungen; in jedem Fall seien sie nicht ausreichend. 
"Auf dem Felde des Umbaus des Altersvorsorgesystems hat die Politik 
alle Hausarbeiten erledigt, und auch in der Familienpolitik wurden 
große Fortschritte erzielt", sagte er der in Halle erscheinenden 
"Mitteldeutschen
Zeitung" (Donnerstag-Ausgabe). "Auch noch positiv fällt das Urteil 
für den Bereich der Steuerpolitik aus. Die sehr deutliche Erhöhung 
der Mehrwertsteuer war ein riskantes haushaltspolitisches Manöver, 
was aber letztlich geglückt ist. Die Unternehmenssteuerreform ist 
nicht der große Wurf, aber die Vorteile überwiegen die Nachteile. Die
Reformen auf dem Arbeitsmarkt sind noch nicht vorangekommen. Die 
erfreuliche Entwicklung am Arbeitsmarkt hat die Notwendigkeit, 
gezielt etwas zur Verbesserung der Beschäftigungschancen von 
Geringqualifizierten und Langzeitarbeitslosen zu tun, in den 
Hintergrund treten lassen." Rürup erklärte weiter: "Die 
ausgabeseitigen Maßnahmen der Gesundheitsreform sowie der 
verabredeten Pflegereform gehen durchweg in die richtige Richtung. 
Das Problem einer nachhaltigeren Finanzierung dieser beiden Systeme 
harrt aber noch einer Lösung. Das konjunkturbedingte Sprudeln der 
Steuerquellen und die deutliche Erhöhung der Mehrwertsteuer haben die
Finanzierungsdefizite aller Gebietskörperschaften deutlich schrumpfen
lassen. Allerdings sehe ich erste Anzeichen, dass mit den zyklisch 
bedingten Steuermehreinnahmen langfristige Ausgabenerhöhungen 
finanziert werden sollen mit der Konsequenz, dass die ausgabeseitige 
Konsolidierung wohl nicht die ursprünglich angekündigte Priorität 
hat. Damit steigt die Gefahr, dass man im nächsten Abschwung wieder 
mit den verfassungs- und europarechtlichen Verschuldungsgrenzen 
kollidiert. Dennoch bin ich, was eine Neuerung der staatlichen 
Verschuldungsgrenzen angeht, recht optimistisch. Den größten 
unbefriedigten Reformbedarf sehe ich im Bildungsbereich - und zwar 
nicht nur in der Erstausbildung, sondern besonders im Bereich der 
Weiterbildung. Gerade vor dem Hintergrund der "Rente mit 67" muss 
hier nachgelegt werden."

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