Gesundheit/Sachsen-Anhalt
Kinder- und Jugendpsychiater warnen: Wichtiges Antidepressivum nicht mehr lieferbar
Halle/MZ (ots)
Der Medikamentenmangel wirkt sich nun auf die Psyche von Kindern und Jugendlichen aus. Seit wenigen Wochen ist das Antidepressivum "Fluoxetin" nicht lieferbar. Es ist der einzige Wirkstoff, der in dieser Altersgruppe bei depressiven Störungen zugelassen ist. Der Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie schlägt Alarm: "Patienten sind massiv in Gefahr. Es geht um schwere depressive Störungen, nicht selten sind Suizidgedanken damit verbunden", sagt die Vize-Vorsitzende Annegret Brauer der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung (Wochenendausgabe). Patienten seien auf einen gleichbleibenden Wirkstoffspiegel angewiesen. Mit einer Absetzung würden Patienten in "alte Ängste zurückrutschen, von negativen Gefühlen durchflutet werden und sich wieder verkriechen", so Brauer. Das werfe den Therapieprozess enorm zurück.
Auf der Liste der beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemeldeten Lieferengpässe ist "Fluoxetin" eines von etwa 500 Arzneimitteln. Bestimmte Dosierungen sind seit Wochen nicht lieferbar. Grund sind Verunreinigungen beim Herstellungsprozess. Die Apothekerkammer Sachsen-Anhalt bewertet die Lage insgesamt als "dramatisch angespannt", so Präsident Jens-Andreas Münch. "Wenn ein akuter Engpass behoben ist, reißt eine neue Seite auf und wir müssen sehen, was zu bekommen ist." Es betreffe auch Antibiotika, Antidiabetika, Antiepileptika sowie Augentropfen.
Anfragen der MZ bei deutschen Herstellern reagierte nur Stada: Das Medikament "Fluoxetin" sei in vergangenen Monaten durchaus geliefert worden, doch die "gesteigerte und unvorhersehbare Nachfrage durch Ausfälle hat dazu geführt, dass wir das Antidepressivum momentan leider auch nicht liefern können". Volle Lieferfähigkeit sei erst Mitte Januar zu erwarten. Zu "Fluoxetin" gibt es keine Alternativen, sagt Brauer. Psychiater könnten Antidepressiva für Erwachsene verschreiben, die sind aber nicht für Kinder und Jugendliche zugelassen. "Man müsste das sehr intensiv mit den Eltern besprechen. Und wir laufen immer Gefahr, in Privathaftung genommen zu werden."
Pressekontakt:
Mitteldeutsche Zeitung
Marc Rath
Telefon: 0345 565 4200
marc.rath@mz.de
Original-Content von: Mitteldeutsche Zeitung, übermittelt durch news aktuell