Mitteldeutsche Zeitung: Zustände in Naumburger Haftanstalt dramatisch
Halle (ots)
Halle. Die Zustände in der Naumburger Haftanstalt sind offenbar wesentlich dramatischer als bisher angenommen. Das geht aus einem vor wenigen Tagen für die Spitze des Magdeburger Justizministeriums gefertigten Vermerk hervor, über den die in Halle erscheinende "Mitteldeutsche Zeitung" (Donnerstag-Ausgabe) berichtet. Demnach befürchtet der Vollzugsleiters der Anstalt, dass den Gefangenen angesichts der räumlichen Situation nicht ansatzweise der Schutz vor körperlichen Übergriffen und Bedrohungen gewährleistet werden könne. Es sei nicht auszuschließen, dass auch die Anstalt mitunter der Versuchung erliege, die Sicherheit der Bediensteten mit Zugeständnissen zu erkaufen, die subkulturelle Umtriebe begünstigen. In dem wenige Tage nach einer unblutig zu Ende gegangenen Geiselnahme geschriebenen Vermerk heißt es auch, dass die Zustände, die die Geiselnahme zumindest begünstigt, wenn nicht sogar erst ermöglicht haben, fortbestehen würden. Sie würden letztlich in Bewältigungsmechanismen münden, die oft Straftaten innerhalb des Vollzugs zur Folge hätten. In der Anstalt gebe es 15 als hochgefährlich geltende Gefangene, die teilweise als Geiselnehmer tätig geworden seien. Der Anstalt sei es aber schlechthin unmöglich, unter den gegebenen Umständen derartig als gefährlich geltende Gefangene andauernd mit wirksamen (!) Sicherungsmaßnahmen zu belegen. Die Zustände seien dem Justizministerium zum Teil seit vielen Jahren bekannt. Justizminister Curt Becker (CDU) erklärte gegenüber dem Blatt, dass er nie einen Hehl aus den Zuständen in Naumburg gemacht habe. Deshalb sei der Bau einer neuen Justizvollzugsanstalt in Burg bereits in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben worden. Aber niemand zaubert über Nacht eine Anstalt. Die aktuelle Kritik an sich und seinem Ministerium nannte Becker auffällig. Sie habe nach dem Bekanntwerden von Strategien wie dem Rotationsprinzip bei Anstaltsleitern eingesetzt.
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