Stuttgarter Zeitung: Hilflosigkeit statt Retttung
Kommentar zum Zypern-Hilfsprogramm
Stuttgart (ots)
Wenn ein Kreditsachbearbeiter einer Bank seinem Chef solch einen Finanzierungsplan vorlegen würde, müsste er mit einem Rausschmiss rechnen. Das Hilfsprogramm für Zypern strotzt nur so vor Ungereimtheiten. Die Eurostaaten und der Internationale Währungsfonds (IWF) lösen die vielfältigen Probleme Zyperns nach dem Motto "Augen zu und durch". Wenn die Bundesregierung erklärt, der Finanzbedarf Zyperns habe sich überhaupt nicht erhöht, verkauft sie die Bürger für dumm. Tatsächlich sind binnen weniger Tage neue Finanzlöcher in Milliardenhöhe bekannt geworden. Die Geldgeber aus Europa und dem IWF blenden die Probleme aus: Sie stellen keine höheren Kredite zur Verfügung, stattdessen soll Zypern sehen, wie es die fehlenden Milliarden zusammenkratzt.
Wie absurd das Vorgehen ist, zeigt der Vergleich mit einem normalen Kreditnehmer. Der Kunde kommt zur Bank und sagt, dass er mit den zugesagten Darlehen in den nächsten drei Jahren nicht über die Runden kommt. Die Bank gewährt ihm den Kredit in der ursprünglichen Höhe dennoch, ringt ihm aber die Zusage ab, er müsse die Lücken in der Finanzierungsrechnung selbst stopfen. Das ist alles andere als ein belastbares Konzept.
Im Prinzip ist es richtig, dass Zypern Gegenleistungen erbringt, wenn es Geld vom europäischen Steuerzahler und dem IWF haben will. Doch es bestehen Zweifel, ob der Inselstaat die Auflagen jemals erfüllen kann. Der Vertrag mit Zypern ist noch nicht unterschrieben, da bittet die Regierung in Nikosia schon um Nachbesserungen. Damit kündigt sich an, was oft in der Eurorettung passiert ist. Zypern bekommt zwar Geld, nach einiger Zeit werden die Kreditgeber aber feststellen, dass die Auflagen für die Hilfen bei Weitem nicht erfüllt werden. Wenn es gut läuft für die Bundesregierung, kommen neue Probleme im Fall Zypern erst nach der Bundestagswahl im September auf.
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