Stuttgarter Zeitung: Kommentar zur Großen Koalition
Stuttgart (ots)
Soll die SPD jetzt aus der Regierung aussteigen? Ja, sie soll es. Das wäre ein gewaltiges Risiko, ein Schritt ins Offene, Ungewisse - dahin aber, wo vielleicht doch noch für eine Partei eine Zukunft wartet, die sich sonst beim langen Sterben zusehen kann. Für den Ausstieg spricht mehr als die quälende Lustlosigkeit der beiden Regierungspartner. Viel grundlegender ist, dass sich die Konzepte der beiden alten Volksparteien überlebt haben, wenigstens an Grenzen stoßen. Beide funktionierten - die Union seit der Gründung der Bundesrepublik, die SPD seit ihrem Godesberger Programm - als gigantische Konsensmaschinen. Allen wohl und niemand weh - das funktionierte, weil das stetige Wachstum des erfolgreichen Industrielands genug Verteilungsmasse zur Verfügung stellte und die Kosten des Wachstums nicht in den Blick rückten. Das Regieren im Konsens, das Befriedigen möglichst vieler Interessen, das Auf-den-kleinsten-gemeinsamen-Nenner-Bringen, dieses Prinzip des rheinischen Kapitalismus funktioniert in der globalisierten Welt jedoch nicht mehr.
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