Kolping: "Arbeits- und Sozialrichter belassen"
Zusammengelegte Gerichtsbarkeit bedeutet Qualitätsverlust
Köln (ots)
Durch eine Initiative des Bundesrats sind Bestrebungen im Gange, die Finanz-, Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit zu einer einheitlichen öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeit zu verschmelzen. Zugleich soll die Arbeitsgerichtsbarkeit zu den Aufgaben der ordentlichen Justiz geordnet werden. Damit droht das Ende der Mitarbeit ehrenamtlicher Richter an den Arbeits- und Sozialgerichten. Nach Einschätzung des Kolpingwerkes Deutschland wird dies einen verminderten Rechtsschutz sowie einen erheblichen Qualitätsverlust zur Folge haben. Zudem würde ein solcher Schritt im Vorfeld der Sozialwahlen 2005 ein falsches Signal gegenüber der Selbstverwaltung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern in der Sozialverwaltung sein.
300 ehrenamtliche Richter
Die Richterbank der Sozial- und Arbeitsgerichte spiegelt derzeit in allen Instanzen die Struktur der Selbstverwaltungsorgane der Versicherungsträger wider. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind durch ehrenamtliche Richter gleichberechtigt beteiligt. Der Bundesvorstand des Kolpingwerkes Deutschland fordert daher, die Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit beizubehalten. Der Verband stellt auf Bundes- und Diözesanebene je rund 150 ehrenamtliche Sozial- und Arbeitsrichter.
Gegen eine Abschaffung der Sozialgerichtsbarkeit spricht nach Ansicht von Jürgen Peters, Referent für Arbeit und Soziales beim Kolpingwerk Deutschland, vor allem die hohe fachliche Kompetenz, die sich im Laufe der Jahrzehnte in der Sozialgerichtsbarkeit herausgebildet hat.
Die beabsichtigte Aufgabe der speziellen Gerichtsbarkeit fällt in eine Zeit, in der der Sozialstaat Deutschland und die Sozialversicherungssysteme vor ihrer härtesten Belastungsprobe seit dem Zweiten Weltkrieg stehen. Leistungsansprüche der Versicherten werden in vielen Bereichen eingeschränkt oder zurückgenommen und die Beziehungen des einzelnen Versicherten zu den Leistungsträgern neu gestaltet.
Unterdessen hat der Bundesrat im Februar auf Antrag des Landes Baden-Württemberg einen Gesetzentwurf beschlossen, wonach für Verfahren an Sozialgerichten künftig eine allgemeine Verfahrensgebühr erhoben werden soll. Vorgesehen sind 75 Euro für Verfahren vor Sozialgerichten, 150 für Verfahren vor Landessozialgerichten und 225 vor dem Bundessozialgericht. Bislang waren die Verfahren gerichtskostenfrei.
Diese Absicht kritisiert Jürgen Peters: "Die Einführung der Gebühren für Sozialgerichte gefährdet die Durchsetzung der berechtigten Interessen sozial schwacher Bürger." Ein Viertel der Menschen, die sich an die Sozialgerichte wendeten, lebe am Rande des Existenzminimums, betont Peters. Sie könnten eine Gebühr nicht aufbringen und müssten Prozesskostenhilfe beantragen. Dafür müsse der Steuerzahler aufkommen.
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