Atradius erwartet 2025 nur geringes Wirtschaftswachstum in Deutschland
Köln (ots)
- Frank Liebold: "Die neue Regierung kann viel tun, um die Bedingungen für deutsche Unternehmen zu verbessern."
- Prognose: Inlandsproduktion sinkt um zwei Prozent
- Atradius-Umfrage: Mehr als jedes zweite deutsche Unternehmen wünscht sich ein "America First" auch für Deutschland und die EU.
Deutschlands Wirtschaft befindet sich in einem prekären Zustand. Die Bundesbürger gehen am kommenden Sonntag mit der Hoffnung an die Wahlurnen, dass den kriselnden Branchen, der sinkenden Wirtschaftsleistung und der kränkelnden Konjunktur neues Leben eingehaucht wird. "Die neue Regierung steht vor der schwierigen Aufgabe, das Wirtschaftswachstum überhaupt im positiven Bereich zu halten. Denn ein drittes Jahr in Folge mit einer Schrumpfung kann nicht ausgeschlossen werden", sagt Frank Liebold, Country Manager Deutschland beim internationalen Kreditversicherer Atradius.
Dazu passt auch eine aktuelle Atradius-Umfrage unter rund 500 Unternehmen: Etwas mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen (rund 52 Prozent) wünscht sich ein "America First" auch für Deutschland und die EU. Knapp 48 Prozent wollen dies dagegen nicht. Wichtig sind aus Sicht der Unternehmen ein Abbau der Bürokratie, überschaubare Energiekosten, Steuererleichterungen, mehr Planungssicherheit durch eine stabile Politik und der Abbau des Fachkräftemangels. Kritiker des "America First"-Beispiels betonen dagegen, dass Alleingänge im heutigen globalen Wirtschaftsumfeld nicht nachhaltig und zielführend erscheinen.
Dass sich in Deutschland etwas bewegen muss, ist angesichts der konjunkturellen Entwicklung offenkundig. Aktuell erwartet Atradius, dass die deutsche Wirtschaft im Jahr 2025 wieder wachsen wird - allerdings nur knapp. Ein prognostiziertes Wachstum von 0,4 Prozent mag nach den Rückgängen in den Jahren 2023 und 2024 eine kleine Erleichterung sein, doch da der wirtschaftliche Gegenwind in Handel und Investitionen weitgehend bestehen bleiben, ist selbst dieser bescheidene Anstieg keineswegs garantiert. "Auch wenn die Aussichten für 2025 und 2026 eher düster erscheinen, sind sie nicht gänzlich ohne Hoffnung. Die neue Regierung kann viel tun, um die Bedingungen für deutsche Unternehmen zu verbessern", betont Frank Liebold.
Zustand der Lethargie - Schlüsselbranchen kämpfen um Ende der Stagnation
Im Jahr 2024 sanken die Exporte um 0,7 Prozent und die Investitionen um 2,7 Prozent. Die Exporte schrumpften im zweiten Jahr in Folge, da die Branchen für elektrische Ausrüstung, Maschinenbau und Automobilherstellung schwach abschnitten. Atradius erwartet, dass die Industrieproduktion 2025 um zwei Prozent zurückgehen wird, während der von hoher Inflation belastete Konsumsektor voraussichtlich nur um 1,3 Prozent wächst.
Die einst weltweit führende deutsche Automobilindustrie wird 2025 voraussichtlich maximal um zwei Prozent wachsen, nachdem sie 2024 um vier Prozent geschrumpft ist. Die Bauproduktion wird sich nach einem Rückgang von drei Prozent im Jahr 2024 auf niedrigem Niveau stabilisieren. Auch die Maschinenbauproduktion wird sich wohl nach einem Rückgang von rund sechs Prozent im Vorjahr nicht aus dem negativen Bereich herausarbeiten können. "Auch wenn diese Zahlen wenig ermutigend sind, bewegen sich die meisten immerhin in die richtige Richtung - wenn auch nur im Schneckentempo", so Frank Liebold.
Leider deuten die jüngsten Entwicklungen in den USA auf neue Probleme für die ohnehin schwache deutsche Wirtschaft hin. "Die Aussichten für Exporteure verdüstern sich weiter, da Präsident Trump mit Zöllen gegen die EU droht - insbesondere auf deutsche Autos", sagt Frank Liebold. Die Auswirkungen der jüngst verhängten US-Zölle auf Stahl und Aluminium auf deutsche Exporte werden moderat sein, doch die Gefahr pauschaler Zölle auf EU-Importe bleibt hoch. Laut einer Analyse von Oxford Economics würde ein genereller US-Zoll von zehn Prozent auf EU-Exporte das deutsche Wirtschaftswachstum in diesem Jahr auf 0,3 Prozentpunkte und 2026 auf 0,4 Prozentpunkte senken. "Das könnte die deutsche Wirtschaft fast auf Nullwachstum drücken", sagt Liebold und fügt hinzu: "Und das in einer Zeit, in der deutsche Hersteller ohnehin Schwierigkeiten haben, mit billigeren chinesischen Produkten auf den Weltmärkten zu konkurrieren."
Alle Augen richten sich auf den Wahlausgang
Alle Augen richten sich nun auf die vorgezogene Bundestagswahl am 23. Februar und darauf, was das Ergebnis für die wirtschaftliche Erholung bedeuten könnte. "Das Wahlergebnis wird voraussichtlich eine weniger zerstrittene Regierungskoalition hervorbringen als die vorherige - das ist positiv für die politische Stabilität", schätzt Frank Liebold und schränkt ein: "Gleichzeitig ist es unwahrscheinlich, dass die neue Regierung kurzfristig eine umfassende Strukturreform oder einen großen wirtschaftlichen Impuls setzen kann. Wer eine rasche Wende erwartet, dürfte enttäuscht werden." Die CDU/CSU liege aktuell in den Umfragen vorn, dürfte aber mindestens einen Koalitionspartner aus dem Mitte-Links-Lager benötigen. "Viel hängt davon ab, ob die liberale FDP, die linkspopulistische BSW und die Linke die Fünf-Prozent-Hürde für den Bundestag überspringen", so der Atradius Deutschland-Chef. Zwar könnte es in der neuen Legislaturperiode einfacher werden, Kompromisse zu schließen, doch Differenzen zwischen den Partnern könnten Reformen verlangsamen und eher zu einer Beibehaltung des Status quo führen. "Doch genau das kann sich die Wirtschaft nicht leisten", sagt Frank Liebold.
Ungewisser Ausblick trotz notwendiger Maßnahmen
Um die Wirtschaft anzukurbeln, müsse die neue Regierung laut dem Atradius-Manager schwierige Entscheidungen schnell treffen. Doch die Vorzeichen dafür stünden schlecht. Zwar gebe es parteiübergreifende Pläne zur Reduzierung von Bürokratie und Kosten, aber entscheidend ist die Umsetzung. Während die Erwartungen an die neue Regierung hoch seien, dürfte ihr wirtschaftlicher Einfluss kurzfristig gering bleiben. Die wirtschaftlichen Gegenwinde sind zu stark, und der politische Spielraum zu begrenzt. Frank Liebold: "Die Notwendigkeit entschlossener Maßnahmen wird immer dringlicher. Doch ob diese tatsächlich ergriffen werden, bleibt fraglich. Fest steht: Um die zahlreichen Probleme lösen und die Herausforderungen meistern zu können, bedarf es einer engen und konstruktiven Zusammenarbeit der demokratischen Parteien - auch und gerade um dem Rechtspopulismus die Stirn zu bieten."
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