WVZ Wirtschaftliche Vereinigung Zucker
Parlamentarischer Abend in Berlin: Zuckerwirtschaft fordert europäische Zuckerpolitik mit Augenmaß
Berlin (ots)
Die Wirtschaftliche Vereinigung Zucker (WVZ) hat sich für eine zukünftige Zuckerpolitik mit Augenmaß ausgesprochen. "Die von der EU-Kommission vorgestellten Reformoptionen stellen nicht nur die Existenz der nachhaltig wirtschaftenden, europäischen Zuckerwirtschaft in Frage. Auch für zahlreiche zuckerexportierende Entwicklungsländer wären die Konsequenzen dramatisch. Es gilt daher, die Zuckermarktordnung mit Augenmaß weiterzuentwickeln", sagte Dr. Hans-Jörg Gebhard, Vorstandsvorsitzender der WVZ, auf einem parlamentarischen Abend der Wirtschaftsverbände Zucker in Berlin.
Nach den Angaben Dr. Gebhards hat die EU-Kommission drei Reformoptionen präsentiert: 1. Fortschreibung des Status quo; 2. Reduzierung der garantierten Preise, verbunden mit dem möglichen Auslaufen der EU-Quotenregelung; 3. vollständige Liberalisierung des europäischen Marktes. Keine dieser Optionen beschreibt laut Dr. Gebhard einen gangbaren Weg: "Da die europäische Zuckerwirtschaft mit den weltweit höchsten Umwelt- und Sozialstandards produziert, könnte sie die Folgen der in diesem Zusammenhang diskutierten weitreichenden Einschnitte, oder gar eine vollständige Liberalisierung nicht verkraften. Nutznießer wären einige wenige Länder, die extrem billig anbieten können, weil sie mit sehr niedrigen Umwelt- und Sozialstandards produzieren." Vor allem in Brasilien, dem weltweit größten Erzeuger und Exporteur von Zucker, seien ökologischer Raubbau und beklagenswert schlechte Arbeitsbedingungen weit verbreitet.
Auch die Fortschreibung des Status quo scheidet als Option aus, da die EU sich verpflichtet hat, den am wenigsten entwickelten Ländern (LDC) schrittweise unbeschränkten Zugang zum europäischen Zuckermarkt zu gewähren. Ohne eine Anpassung der gegenwärtigen Marktordnung würde dies jedoch zu einer weitgehenden Verdrängung der heimischen Erzeugung führen. Die WVZ plädiert daher für eine vierte Reformoption: "Wir schlagen vor, nach dem Vorbild des AKP-Abkommens die am wenigsten entwickelten Länder in das Mengenmanagement der EU einzubeziehen und mit ihnen feste Einfuhrgarantien in die Gemeinschaft zu vereinbaren. Um diese Lösung zu ermöglichen, ist die Zuckerwirtschaft bereit, ihre Produktion noch stärker am Eigenbedarf der EU auszurichten", sagte Dr. Gebhard. Er bezeichnete es deshalb als unverständlich, dass die Kommission diesen von ihr gleichfalls erwogenen Weg dem Ministerrat nicht vorgelegt hat.
Der WVZ-Vorsitzende hob in diesem Zusammenhang die große Bedeutung hervor, die die Europäische Union schon heute als Handelspartner für die Länder des Südens hat. Jährlich führt die Gemeinschaft 1,75 Mio. t Zucker zu den garantierten Preisen aus den AKP-Staaten und anderen Ländern ein. Als weltgrößter Importeur von Zucker aus den Entwicklungsländern leistet die EU somit auch auf diesem Gebiet eine enorme Entwicklungshilfe. Ohne die begünstigte Einfuhr in die Gemeinschaft wären die meisten dieser Länder nicht in der Lage, durch den Export von Zucker Devisen zu erwirtschaften. Auch die politische Interessenvertretung der zuckerexportierenden Entwicklungsländer, die "LDC Brussels Sugar Group" hat sich daher für das Reformkonzept der 4. Option "Rückkehr zu festen Quoten" stark gemacht.
Zugleich unterstrich Dr. Gebhard die wirtschaftliche Bedeutung der Zuckerwirtschaft für die Länder der Europäischen Union. In den strukturschwachen ländlichen Gebieten seien die europaweit mehr als 130 Zuckerfabriken häufig der größte Arbeitgeber. In der Landwirtschaft selbst ist der Anbau von Zuckerrüben ebenfalls von existenzieller Bedeutung. EU-weit bauen etwa 270.000 Erzeuger Zuckerrüben an und erzielen damit einen unverzichtbaren Einkommensbeitrag. Ohne den ertragsstarken Produktionszweig Zuckerrübe wären die meisten der überwiegend bäuerlichen Familienbetriebe nicht überlebensfähig. Dr. Gebhard: "Es wäre unverantwortlich, durch übereilte Reformschritte Hunderttausende Existenzen in der Zuckerwirtschaft Europas und der Entwicklungsländer aufs Spiel zu setzen, zumal noch keine Ergebnisse der laufenden WTO-Verhandlungen erkennbar sind. Wir fordern die EU- Kommission daher auf, die 4. Option wieder in ihren Reformkatalog aufzunehmen und ernsthaft zu prüfen."
Im Zusammenhang mit den angeblichen Kosten der Zuckermarktordnung machte Gebhard auf eine soeben veröffentlichte Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) an der Universität Mannheim aufmerksam. Diese Studie sei in einer umfassenden Analyse zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die Belastung durch die Marktordnung auf ca. 1 Mrd. Euro pro Jahr belaufe und damit der EU- Verbraucher für seinen Zucker jährlich nur 3 Euro mehr ausgebe, als dies bei einem weltweit völlig liberalisierten Zuckermarkt der Fall wäre. Der von Kritikern der Zuckermarktordnung immer wieder angeführte Wert von 6,5 Mrd. Euro sei somit um das sechsfache überhöht und entspreche nicht den Realitäten.
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