Aktionsbündnis gegen AIDS zur Weltaidskonferenz
"Time to deliver": Menschen in armen Ländern müssen weiter warten
Vielversprechende Ansätze scheitern an Geld und politischer Unterstützung
Toronto (ots)
Heute endet in Toronto/Kanada die 16. Weltaidskonferenz. "WissenschaftlerInnen, SozialarbeiterInnen und Betroffene haben viele erfolgversprechende Ansätze und Erfahrungen präsentiert. Es ist jedoch ein Schlag ins Gesicht der Armen, dass diese Konferenz ohne ausreichende Finanzierungszusagen endet", sagte Olaf Hirschmann, Aids-Berater bei Brot für die Welt und Sprecher des Aktionsbündnisses gegen AIDS. Während im vergangenen Jahr weltweit rund acht Milliarden US-Dollar für die Aids-Bekämpfung zur Verfügung standen, geht UNAIDS für 2007 von einem Finanzbedarf in Höhe von 18,1 Milliarden US-Dollar (14 Milliarden Euro) aus. Wir haben es also mit einer Finanzierungslücke in Höhe von 10 Milliarden US-Dollar zu tun. "Dass die Entwicklungsministerin den deutschen Beitrag auf 400 Millionen Euro pro Jahr erhöhen möchte, war längst überfällig. Um die Aids-Pandemie in den Griff zu bekommen, sollte die Bundesregierung allerdings 800 Millionen Euro in den Entwicklungshaushalt 2007 einplanen."
Angesichts der steigenden Neuinfektionsraten bei Frauen und Mädchen wurde die Notwendigkeit, spezifische Präventionsmethoden zu entwickeln, in vielen Veranstaltungen thematisiert. "Ob Femidome und Mikrobizide für Frauen und Mädchen weltweit verfügbar werden, hängt auch davon ab, wie die reichen Länder und die forschende Pharmaindustrie diese Intiativen unterstützen", sagte Hirschmann. Die ersten Ergebnisse aus klinischen Studien in Südafrika werden nächstes Jahr vorliegen. Mikrobizide sollen bereits bekannte Präventionsmethoden ergänzen. "Wenn Mikrobizide in fünf bis sieben Jahren zugänglich sind, muss ihr Einsatz mit weiteren Präventionsmassnahmen gekoppelt werden. Nicht zuletzt müssen wir auch die Männer schulen, um die gesellschaftliche Akzeptanz aller Präventionsmassnahmen zu erreichen", kommentierte Hirschmann.
Zur Behandlung von Kindern begrüsst das Aktionsbündnis gegen AIDS die wasserlösliche Minitablette des indischen Generikaherstellers Ranbaxy. Das Einstiegsmedikament ist von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) genehmigt und soll zum Preis von ca. 60 US-Dollar pro Jahr für ein Kind verkauft werden. "Das indische Beispiel zeigt, dass die günstige Herstellung von Kinderdosierungen möglich ist," sagte Christiane Fischer, Vertreterin der BUKO-Pharma-Kampagne im Aktionsbündnis gegen AIDS. "Forschende Pharmaunternehmen haben nun keine Entschuldigung mehr, nicht auch neuere Medikamente als Minitablette für Kinder in armen Ländern herzustellen." Bislang stehen anerkannte Kinderdosierungen ausschliesslich als bittere Säfte zur Verfügung. Diese müssen gekühlt werden, was den Einsatz in tropischen Entwicklungsländern nahezu unmöglich macht.
Für die nachhaltige Behandlung in Entwicklungsländern ist es entscheidend, ob sie die Schutzklauseln des internationalen Patentrechtes praktisch anwenden können. Das aktuelle Beispiel der kanadischen Regierung und des kanadischen Pharmaunternehmens Apotex hat gezeigt, dass die bisherige Regelung der Welthandelsorganisation nicht funktioniert. Kanadas Patentrecht ermöglicht seit 2005 den Export patentgeschützter generischer Medikamente in arme Länder. Das erste Medikament, das unter dieser Regelung produziert wurde, ist seit 10. August 2006 von der WHO genehmigt. Die komplizierten Anforderungen der Welthandelsorganisationen verhindern jedoch, dass das Medikament in ärmere Länder exportiert wird. "Die Regelung, die eingesetzt wurde, um die öffentliche Gesundheit in Entwicklungsländern zu schützen, dient bislang vor allem den Interessen der forschenden Pharmaindustrie. Wir wissen nun, dass der TRIPS-Kompromiss nicht funktioniert. Wenn die Bundesregierung den Medikamentenzugang für ärmere Länder wirklich unterstützen möchte, sollte sie sich für die grundlegende Revision des faulen TRIPS-Kompromisses einsetzen", sagte Fischer.
Das Aktionsbündnis gegen AIDS ist ein Zusammenschluss von 100 zivilgesellschaftlichen und kirchlichen Organisationen der Aids- und Entwicklungszusammenarbeit sowie mehr als 270 lokalen Basisinitiativen in Deutschland. Gemeinsam appellieren sie an die Pharmaindustrie und die Bundesregierung, ihrer Verantwortung im weltweiten Kampf gegen HIV/Aids gerecht zu werden.
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Katja Roll
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