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Berliner Morgenpost: Kommentar: Regeln dem echten Leben anpassen Zu den neuen Ideen zur flexibleren Förderung von Familien

Berlin (ots)

Kinder sind toll, aber anstrengend. Arbeit kann
toll sein, ist aber auch meist ziemlich hart. Beides verbinden zu 
können, ist für die meisten Eltern oder solche, die es werden wollen,
ein wichtiges Anliegen. Nur wenige wollen sich auf längere Sicht auf 
die Rolle als "100-Prozent-Mutter" oder "100-Prozent-Malocher" 
festlegen lassen. Das gilt gerade in Berlin, wo entgegen dem 
bundesweiten Trend noch immer mehr Babys geboren werden und wo der 
junge Vater mit Bugaboo-Kinderwagen und Laptop im Prenzlauer Berger 
Kaffeehaus fast schon zum neuen Bild der Stadt avanciert ist. Es ist 
richtig, jungen Familien flexiblere Unterstützung zu gewähren, ihre 
Kinder zu betreuen und zu fördern, bis sie mit zwei oder drei, wenn 
sie laufen und sich artikulieren können, in eine gute öffentliche 
Bildungseinrichtung gehen. Und damit sie dann auch Zeit haben, manche
Nachmittage gemeinsam zu gestalten. Wenn Familienministerin Ursula 
von der Leyen nun auch Teilzeit arbeitenden Müttern und Vätern für 
einen längeren Zeitraum Elterngeld zahlen will, zielt dieser Vorstoß 
in die richtige Richtung. Nicht nur in wirtschaftlich schlechten 
Zeiten können und wollen es sich viele Arbeitnehmer oder 
Selbstständige nicht leisten, monatelang komplett aus dem Job 
auszusteigen.
Natürlich wird auch ein reformiertes Elterngeld nicht automatisch für
eine höhere Geburtenrate sorgen. Aber der Zuschuss für Mütter und 
Väter, die sich eine Zeit lang um ihren Sprössling kümmern, gehört in
den Instrumentenkasten zeitgemäßer Familienpolitik, so wie 
Ganztagsschulen, Bildung in Kitas und Krippen für unter Dreijährige. 
Wer will, dass nicht nur die transferabhängige Unterschicht Kinder in
die Welt setzt, muss seine Unterstützung der Vorstellung und der 
Lebenswirklichkeit arbeitender Paare anpassen. Zu dieser gehört auch,
dass deutsche Unternehmen oft weit entfernt davon sind, auf familiäre
Belange Rücksicht zu nehmen, vor allem bei Männern.
In gewissen Kreisen mag es als Statussymbol gelten, wenn der 
Blackberry zur Abholung des Kleinen aus der Kita mahnt. Die Regel ist
das noch lange nicht. Wie viele Berliner Väter, deren Firmen 
Dienstleistungen für auswärtige Kunden erbringen, werden auch zu 
ausgedehnten Dienstreisen genötigt? Und wie viele trauen sich, die 
unausgesprochen verlangten Überstunden zu verweigern? Natürlich 
stehen auch Frauen vor ähnlichen Problemen. Aber gegenüber Männern, 
die auch in sich fortschrittlich wähnenden Familien oft ins 
Rollenmuster als Ernährer rutschen, bringen Firmen oft noch weniger 
Verständnis auf. Deshalb ist es richtig, es jetzt offiziell zu 
fördern, wenn sich auch Väter teilweise zugunsten des Nachwuchses 
ausklinken. Das wird ein Schritt sein, Anliegen von Eltern gegenüber 
Arbeitgebern aufzuwerten. Wenn das bedeutet, eine kaum zwei Jahre 
alte Regelung zum Elterngeld zu ändern, beweist Politik auch 
Lernfähigkeit. Die Realität ist meistens komplizierter, als 
bürokratische Vorschriften es sind. Sie dem Leben anzunähern, kann 
nicht verkehrt sein.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

Original-Content von: BERLINER MORGENPOST, übermittelt durch news aktuell

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