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Berliner Morgenpost: Ein Fest für den Film, ein Fest für die Stadt - Leitartikel

Berlin (ots)

Die Berlinale 2020 wird, anlässlich ihres 70.
Geburtstages, erstmals Potsdamer Kinos miteinbeziehen. Die 
Open-Air-Vorführungen finden dann im stillgelegten Flughafen Tegel 
statt. Und der European Filmmarket, der längst aus allen Nähten 
platzt, zieht ins ICC-Messegelände.
Das ist natürlich alles Unsinn - noch. Denn heute wird erst einmal 
die Eröffnung der 60. Berlinale gefeiert. An einem runden Geburtstag 
darf man stolz zurückblicken. Dass die Festspiele aber vor allem in 
die andere Richtung - nach vorne - schauen, ist unbestreitbar, auch 
im Jubeljahr.
Als das Festival vor elf Jahren an den Potsdamer Platz zog, war immer
wieder die Kritik zu hören, dass es dort auf einer Insel, unter 
Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinde. Davon kann längst keine 
Rede mehr sein. Das liegt nicht nur daran, dass sich der Potsdamer 
Platz als neue Mitte Berlins etabliert hat, auch bei Touristen. Das 
liegt vor allem daran, dass sich die Berlinale, seit Dieter Kosslick 
sie leitet, Schritt für Schritt weiter ausdehnt.
Das ist erst einmal geografisch zu verstehen. Schon im vergangenen 
Jahr war von der Krake Berlinale die Rede, die immer mehr Kinos 
eingemeindet, im vergangenen Jahr sogar den Friedrichstadtpalast. In 
diesem Jahr kommen noch einmal zehn Kiezkinos hinzu - und mit dem 
Brandenburger Tor auch ein echtes Wahrzeichen der Stadt als 
Open-Air-Standort.
Die Ausdehnung ist aber auch ideell zu verstehen. Von Anfang an hat 
Kosslick das Festival ausgebaut, hat mit dem Talent Campus und der 
Perspektive Deutsches Kino dem Filmnachwuchs Foren geboten und führt 
mit dem World Cinema Fund auch seinen früheren Beruf als Filmförderer
mit anderen Mitteln fort. Die Sektion Kulinarisches Kino darf schon 
fast als Appendix der Grünen Woche gelten. Und mit dem Forum Expanded
integriert man erfolgreich auch die Kunstszene: Nicht nur Museen wie 
den Hamburger Bahnhof oder die Temporäre Kunsthalle - auch jede 
Galerie, die auf sich hält, versucht mitzumachen. In diesem Jahr wird
sogar ein Architekt wie Norman Foster über die Zukunft des 
Kinos diskutieren. Nach und nach werden somit immer mehr 
Kulturbereiche vom Kinofieber angesteckt.
Die Berlinale ist damit längst mehr als ein herkömmliches 
Filmfestival. Sie wächst sich zunehmend zu einem vieles umfassenden 
Stadtfestival aus. Gut möglich, dass nicht einmal Kosslick selbst 
geahnt hat, wohin seine kühne Strategie sich entwickeln würde. 
Tatsache aber ist, dass er - in Zeiten von Digitalisierung, 
Videopiraterie und YouTube - einen Festivaltypus fürs neue 
Jahrtausend konzipiert hat. Cannes mag nach wie vor die besseren 
Filme, Venedig mehr Sonne und Stars haben - dennoch sind sie elitäre 
Einrichtungen für Fachbesucher. Die Berlinale war immer schon ein 
Publikumsfestival und wandelt sich nun, wie es scheint, zu einem 
Metropolen-Event, wie es kaum ein vergleichbares gibt. Das ist wohl 
das Schönste, wozu man dem alten Festival zum 60. gratulieren kann.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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