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BERLINER MORGENPOST: Ist Angela Merkel die Gipfelkönigin? Nein! - Leitartikel

Berlin (ots)

Angela Merkel kennt keine Niederlagen bei Gipfeltreffen. Die Jahre ihrer Regentschaft zeigen das. Wann immer die Bundeskanzlerin sich mit anderen Staatsmännern traf, um über die Probleme dieser Welt zu diskutieren, fuhr sie als Siegerin nach Hause. Das war beim G-8-Gipfel von Heiligendamm vor ein paar Jahren der Fall, als Merkel zur Klima-Kanzlerin wurde. Das war vor ein paar Wochen beim G-20-Gipfel in Seoul so, als sie im Verbund mit China Amerikas Attacke auf das deutsche Exportwunder abwehrte. Und jetzt, beim Euro-Gipfel in Brüssel, ist das nicht anders, weil es ihr gelang, den Euro zu retten und dabei Deutschlands finanzielle Interessen zu wahren. Das jedenfalls ist die Sichtweise, die man im Kanzleramt schätzt, wenn es um das außenpolitische Engagement Merkels geht, zumal deren schwarz-gelbe Koalition innenpolitisch nicht gut dasteht. Es gibt aber auch einen anderen Blick auf die Dinge. Der Gipfel von Brüssel ist dafür ein Paradebeispiel. Denn eigentlich hat Europa dort nicht mehr als einen Minimalkonsens ausgehandelt. Er sieht vor, dass die EU-Staaten mit Milliarden ihre Schuldensünder stützen. Zudem können ab Mitte 2013 private Investoren zur Kasse gebeten werden, wenn sie ihr Geld in Anleihen von EU-Staaten gesteckt haben. Das gilt aber nur für den Fall, dass ein Land pleite ist - also fast nie. Europas Spitzen haben damit in Brüssel lediglich jene Maßnahmen beschlossen, die seit Wochen geplant und ohnehin bekannt waren. Gewonnen haben die Europäer damit wenig. Eigentlich haben sie sich nur etwas Zeit erkauft. Bis in den Januar hinein haben viele Fondsmanager Urlaub. In dieser Zeit passiert an den Finanzmärkten wenig. Wenn die Profis aber aus den Ferien zurückkommen, treffen sie ihre Anlageentscheidungen für die nächsten Monate. Geld für Europas Wackelkandidaten wie Portugal und Spanien gibt es nur, wenn die Banker glauben, dass diese Länder ihre Probleme mit Hilfe der EU in den Griff bekommen. Man ahnt, dass die Maßnahmen von Brüssel nicht reichen, denn bereits in den Vorwochen hat das Wissen um diese Vorhaben die Lage nicht wirklich stabilisiert. Merkel und ihre Kollegen müssten daher die Zeit zwischen den Jahren dringend nutzen, um ihren Rettungsplan fortzuentwickeln. Statt in den Medien übereinander, sollten sie endlich miteinander reden. Alle werden dabei Kompromisse machen müssen. Bei einer Gemeinschaft von 27 Staaten geht es nicht ohne. Doch genau das ist der Knackpunkt des Problems: Nicht nur die Bevölkerung Deutschlands, sondern auch in anderen Teilen der EU lehnt weitere Zugeständnisse ab. Die Staatschefs spüren das. Merkel ahnt, dass die Deutschen den Euro selbst dann nicht sexy finden, wenn sie seine wirtschaftliche Bedeutung kennen. Was es für das Überleben des Euro und somit der EU daher mindestens so dringend braucht wie eine Lösung der sachlichen Probleme, ist eine europäische Persönlichkeit, die überzeugend für die Währung als Bindemittel der Staatengemeinschaft wirbt. Merkel, als Regierungschefin des wirtschaftlich stärksten Euro-Landes, wäre dafür die richtige Person. Anders aber als ihrem großen Vorgänger Helmut Kohl fehlt ihr dafür leider das Talent.

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