BERLINER MORGENPOST: Der richtige Schritt Leitartikel von Christine Richter über Steuerhinterziehung und den Fall André Schmitz
Berlin (ots)
Steuervergehen sind keine Kavaliersdelikte." So hat es die Bundes-SPD mit Peer Steinbrück als Spitzenkandidat und Sigmar Gabriel als Parteichef im vergangenen Jahr im Bundestagswahlkampf immer wieder gesagt. Sie dachten dabei an Uli Hoeneß, den Bayern-Manager, und sie wollten die Union unter Druck setzen. Sie dachten nicht, dass einer ihrer Führungspolitiker ebenfalls Steuern hinterzogen hat. Seit Sonntagabend ist das anders. Denn seit Sonntagabend ist bekannt, dass André Schmitz, Staatssekretär für Kultur in Berlin und ein enger Vertrauter des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD), ein Schwarzgeldkonto in Höhe von 425.000 Euro in der Schweiz besessen hat.
Das Strafverfahren gegen Schmitz wurde im Jahr 2012 zwar gegen eine Geldstrafe und eine Steuernachzahlung eingestellt. Schmitz, der von Juni 2001 bis 2006 die Senatskanzlei unter Wowereit geleitet hat und dann Kultur-Staatssekretär - wieder unter Wowereit - wurde, entschuldigte sich auch öffentlich und sprach von einem "schwerwiegenden Fehler". Doch auch er erkannte am Montag, dass es damit nicht getan war. Am heutigen Dienstag will Schmitz von seinem Amt zurücktreten. Und das ist richtig so.
André Schmitz, auch das gehört zu dieser Steuer-Affäre dazu, ist ein hervorragender Kulturpolitiker, ein integrer Mensch. Man fragt sich - wie auch bei so vielen anderen Steuersündern -, warum er das tat, er, der doch über so viel Geld verfügt und keine materielle Not kennt. Aber durch dieses Schwarzgeldkonto ist der Berliner SPD-Politiker unglaubwürdig geworden. Zumal er, der seiner Steuerpflicht nicht nachgekommen ist, in dieser Stadt das Steuergeld verteilt. Für die Opern, für die Theater, für die freie Szene. Kürzlich sagte der Kultur-Staatssekretär noch, dass er sich "keine sinnvollere Verwendung" der Steuergelder vorstellen könnte als für den Bau der von Wowereit so sehr gewünschten neuen zentralen Landesbibliothek. Diese wird im übrigen rund 270 Millionen Euro kosten.
Klaus Wowereit hatte im Jahr 2012, als er von Schmitz über das Strafverfahren informiert worden war, an seinem Staatssekretär festgehalten. Sogar am Montagmittag noch. Und so ist diese Steueraffäre trotz des geplanten Rücktritts nicht nur ein Fall Schmitz, sondern auch ein Fall Wowereit. Es geht auch um seine Glaubwürdigkeit - und um die der gesamten SPD.
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