Seilbahn-Idee als Weckruf
Kommentar von Thomas Schubert
Berlin (ots)
Pankow hat ein neues Vorbild: La Paz. Ähnlich wie die Hauptstadt Boliviens, meint Bezirksbürgermeister Sören Benn, könnten Seilbahn-Strecken im Berliner Nordosten, wo Menschen in riesigen Neubauquartieren ein neues Zuhause finden sollen, zum Fortbewegungsmittel für die Massen werden. Die Sache ist nur ein Vorschlag, den Experten prüfen sollen. Doch sie ist keine Spinnerei, wie Benn betont. Die Verkehrsprobleme in Berlin sind zu ernst, um darüber zu spaßen - das weiß jeder, der im Berufsverkehr versucht, vom Alexanderplatz oder Zoo nach Buch zu kommen.
Aber selbst wenn Fachleute Seilbahnen für die Erschließung von Quartieren empfehlen sollten, wird diese Vision wohl spätestens an den Fallstricken der Verkehrsplanung scheitern. Der Senat wird sicher nicht die Planung von Straßenbahnstrecken, die schon seit Jahren in Arbeit sind, verwerfen, um ein Verkehrsmittel auf den Weg zu bringen, für das es in La Paz natürliche Grundlagen geben mag. Aber wohl kaum im Berliner Flachland. Schienen, die langer Planungen bedürfen, werden immer noch schneller zu haben sein, als Gondeln und Seile, an die bislang noch niemand dachte.
In Zeiten, da die Tram für den Senat als Verkehrsmittel für Großquartiere viel zu schnell feststeht, ist die Idee des Pankower Bürgermeisters vor allem für eines gut: Sie schafft Aufmerksamkeit für ein Problem, das die Tram allein nicht lösen kann. Und darum geht es bei der Seibahn-Idee in Wirklichkeit. Die Festlegung auf die Straßenbahn wird dort zum Risikofaktor, wo die Leistungsfähigkeit der Tram nicht mehr ausreicht. Für den Weg vom Alexanderplatz Richtung Buch hat der Senat die wahre Alternative zur Straßenbahn geprüft und in einer Analyse für "äußerst positiv" befunden: die U-Bahn. Dass die Tram trotzdem kommen wird, ist ein Fehler.
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