Einschreiten vor dem Rausch - Kommentar von Thomas Schubert
Berlin (ots)
In der Ordnungspolitik verhält es sich manchmal wie in der Psychologie: Was man nicht wahrhaben möchte, ignoriert oder verdrängt, bricht bald umso stärker hervor.
Keiner wollte, dass Jugendliche sich nachts in Berliner Parks zusammenrotten und ihren Corona-Frust mit Alkohol und Joints betäuben. Doch dieses Phänomen ist real, nicht erst seit den Räumungen des Mauerparks.
Jugendpartys führten schon im ersten Corona-Sommer in der Hasenheide zu Schäden, ohne dass man eine Lösung fand. In diesem Frühling traf es dann den Gleisdreieckpark. Und während der Sommerferien eskalierte die aufgestaute Frustration der Berliner Jugend im James-Simon-Park so sehr, dass sich der Bezirk Mitte entschied, dem Treiben einen Riegel vorzuschieben.
Nach der Park-Räumung ist aber vor der Park-Schließung - das zeigt sich nun an der bislang letzten Station der unliebsamen Ereignisserie im Mauerpark. Hier wäre der Anlass für eine Nacht-Schließung spätestens mit der Zerstörung von Spielplätzen und den Polizeiberichten über Körperverletzung und Diebstahl gegeben - wenn man dieser Logik folgen will.
Nun ist der Mauerpark aber mehr als die Hasenheide oder der Simon-Park ein symbolischer Ort. Er entstand in einem Todesstreifen, an einer Grenze, wo Mauern, Zäune und Freiheitsbeschränkung bis heute eine Mahnung sind. Deshalb sollte niemand fordern, den Mauerpark mit Gattern zu schließen.
Aber dass man im Mauerpark keine Barrikaden baut, heißt nicht, dass man abwarten muss, bis Nachbarn nachts um 2 Uhr die Polizei rufen. Oder dass man ausharrt, bis schlechtes Herbstwetter die Jugend vergrämt.
Sozialarbeiter und Ordnungshüter müssen vor der Party mit Jugendlichen reden. Bevor sie so berauscht und betrunken sind, dass sie die Welt nicht mehr verstehen.
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