Verkehrswende im Kriechgang
Kommentar von Isabell Jürgens zur neuen Berliner Tramstrecke
Berlin (ots)
Kurzform: Der enorme Planungsvorlauf - zieht man die Bauzeit ab, sind es gute fünf Jahre -, den die vergleichsweise einfache Streckenführung in Adlershof benötigte, lässt zudem argwöhnen, dass die 15 Tram-Projekte, die noch umgesetzt werden sollen, viele Jahre bis Jahrzehnte auf sich warten lassen werden. Wenn der neue rot-grün-rote Senat da nicht noch eine Schippe drauflegt, wird die "Straßenbahn-Offensive" in den kommenden fünf Jahren genauso schleppend vorangehen wie bisher - und die bessere Erreichbarkeit vieler Ortsteile mit der Tram ein unerfülltes Versprechen bleiben. Das lässt für die Verkehrswende nichts Gutes ahnen.
Der vollständige Kommentar: Stolz verkündet Berlins grüne Verkehrssenatorin Regine Günther, dass in der jetzt zu Ende gehenden rot-rot-grünen Legislaturperiode eine "Straßenbahn-Offensive" gestartet wurde, "wie es sie seit dem Mauerfall nicht gegeben hat". Als Leistungsnachweis für diesen "wichtigen Teil der Verkehrswende" dient der Noch-Senatorin die in Adlershof eröffnete 2,7 Kilometer lange Neubaustrecke, die in nur anderthalb Jahren fertig wurde. Bei aller Freude: Das vermeintliche Vorzeige-Projekt offenbart bei genauerer Betrachtung vor allem die enormen Probleme, mit denen Verkehrsprojekte in Berlin zu kämpfen hatten und haben.
So ist das Vorhaben "Straßenbahn-Neubaustrecke Adlershof II" , wie das Projekt offiziell heißt, mitnichten eines, das die rot-rot-grüne Koalition angestoßen hat. Initiiert und verkündet wurde es vielmehr von einer rot-schwarzen Senatsriege, vom damaligen Verkehrssenator Andreas Geisel (SPD) - und zwar lange bevor Günther ihre "Straßenbahn-Offensive" startete. Geisel hatte es gleich an seinen ersten Tagen im Amt verkündet - im Januar 2015, vor knapp sieben Jahren und damit fast zwei Jahre, bevor Günther das Amt übernahm.
Der enorme Planungsvorlauf - zieht man die Bauzeit ab, sind es gute fünf Jahre -, den die vergleichsweise einfache Streckenführung in Adlershof benötigte, lässt zudem argwöhnen, dass die 15 Tram-Projekte, die noch umgesetzt werden sollen, viele Jahre bis Jahrzehnte auf sich warten lassen werden.
Wenn der neue rot-grün-rote Senat da nicht noch eine Schippe drauflegt, wird die "Straßenbahn-Offensive" in den kommenden fünf Jahren genauso schleppend vorangehen wie bisher - und die bessere Erreichbarkeit vieler Ortsteile mit der Tram ein unerfülltes Versprechen bleiben. Das lässt für die Verkehrswende nichts Gutes ahnen.
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