Der Senat muss reagieren - Kommentar von Jessica Hanack
Berlin (ots)
Es ist ein schlechtes Zeichen für die Mieterinnen und Mieter in Berlin: Die Adler-Gruppe mit etwa 17.000 Wohnungen in der Stadt verlässt das Bündnis für Wohnungsbau und bezahlbares Wohnen, nachdem der Konzern zuvor die Mieten stärker angehoben hatte, als in dem Bündnis vereinbart wurde.
Zur Begründung hieß es am Dienstag, dass die Mietsteigerung nach einer Gesamtbetrachtung der Interessen von Stakeholdern, Aktionären, Gläubigern und Mietern erforderlich sei. Die Diskussion um die Enteignung großer Wohnungskonzerne dürfte nun noch einmal an Fahrt aufnehmen und so auch der Druck auf den Berliner Senat steigen.
Denn es ist wenig verwunderlich, dass sich die Befürworter der Vergesellschaftung nun darin bestätigt sehen, dass Mieterschutz basierend auf Selbstverpflichtungen nicht funktioniert. Die Forderungen, auf die Einschätzung der Expertenkommission zum Volksentscheid "Deutsche Wohnen & Co. enteignen" schneller zu reagieren, dürften nun noch einmal lauter werden.
Das Wohn-Bündnis wurde von beiden Parteien zuletzt als Erfolg verkauft. Allen voran hatte die jetzige Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) das Bündnis in der Vergangenheit stets gelobt und betont, dass das Prinzip Kooperation aufgehe. Und auch der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) erklärte noch im Juli, das Bündnis bewähre sich als "unverzichtbares Instrument der Wohnungs- und Mietenpolitik auch des neuen Berliner Senats". Der Austritt der Adler-Gruppe ist damit auch für ihn ein Rückschlag.
Die Entscheidung des Konzerns einfach hinzunehmen und im Wohnungsbündnis weiterzumachen, als sei nichts geschehen, wäre der falsche Weg. Denn der Berliner Senat kann sich nicht darauf verlassen, dass die anderen Partner am Bündnis festhalten. Zu befürchten ist vielmehr, dass weitere private Wohnungsbauunternehmen dem Beispiel des Adler-Konzerns folgen und das Bündnis verlassen, sobald das wirtschaftliche Interesse überwiegt - und Mieterhöhungen als Mittel gesehen werden, Preissteigerungen an anderer Stelle oder schlechtes Wirtschaften in der Vergangenheit auszugleichen.
Der Berliner Senat muss nun reagieren und prüfen, inwieweit etwa im Neubau ein stärkeres Entgegenkommen möglich ist, um den Schutz der Bestandsmieter zu sichern, etwa durch neue Förderprogramme oder veränderte Förderbedingungen. Denn für Berlins Mieterinnen und Mieter hat das Wohn-Bündnis nur einen Wert, wenn sich die involvierten Wohnungsunternehmen auch an die Vereinbarungen gebunden fühlen, was heißt: die Mieten eben nur so weit zu erhöhen, wie es zuvor festgelegt wurde.
Wird vom Senat einfach zur Kenntnis genommen, dass sich die Wohnungskonzerne darüber hinwegsetzen, sobald das aus ihrer Sicht gerechtfertigt ist, stellt das nicht nur den Sinn des Bündnisses infrage, sondern auch den ausgegebenen Anspruch von Schwarz-Rot, sich für einen konsequenten Mieterschutz in der Stadt einzusetzen.
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