Berliner Morgenpost: Kommentar - Konjunktur
Berlin (ots)
Lange haben wir auf den versprochenen Aufschwung warten müssen, nun soll er wirklich kommen. Im Schlepptau einer boomenden Weltkonjunktur gerät auch die Wirtschaft der führenden Exportnation Deutschland wieder in Fahrt. Wenn es den anderen gut geht, geht es uns auch gut. Und in den USA und Osteuropa, in China und Japan läuft die Konjunktur so gut, wie seit langem nicht mehr. Ein Forschungsinstitut nach dem anderen korrigiert deshalb seine Wachstumsprognose auch für Deutschland nach oben. Dabei ist klar: Der Aufschwung wird allein vom Export getragen. Die Binnenkonjunktur bleibt schwach. Zu tief ist das Vertrauen der Verbraucher nach Jahren der Stagnation gesunken, zu groß die Furcht vor der Arbeitslosigkeit. Das alles drückt den Konsum. Für die rot-grüne Bundesregierung und ihren angezählten Kanzler sind die neuen Prognosen gute Nachrichten gerade zur rechten Zeit. Es ist Licht am Ende des Tunnels, wenn auch vorerst nur schwach. Aber Schröder, Clement und Co. dürfen nun doch darauf hoffen, schon im nächsten Jahr auf sichtbare Erfolge ihrer Reformpolitik im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit verweisen zu können. Denn die konjunkturelle Erholung wird früher oder später auch zu einer Trendwende am Arbeitsmarkt führen, zumal die Beschäftigungsschwelle des Wachstums, ab dem neuen Arbeitsplätze entstehen, durch Ich AGs, Mini-Jobs und Zeitarbeit gesenkt werden konnte. 200000 neue Arbeitsplätze sagt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung im nächsten Jahr voraus gerade rechtzeitig zur Einführung der umstrittenen Hartz-IV-Reform, bei der Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II zusammengelegt werden. Ziel ist es dabei, die Vermittlung von Arbeitslosen zu verbessern. Zugleich wird aber auch der Druck erhöht, jeden zumutbaren Job anzunehmen. Doch dieses Konzept des Förderns und Forderns kann nur funktionieren, wenn die Wirtschaft auch kräftig wächst. Nur dann können Arbeitslose auch tatsächlich in Jobs vermittelt werden, statt sie als Vorleser in Altenheime zu schicken, wie jetzt vorgeschlagen wurde. Wenn die aktuellen Prognosen zutreffen, dann fällt der Höhepunkt des Konjunkturaufschwungs genau mit der Hartz-IV-Reform zum Jahresbeginn 2005 zusammen. Zumindest die konjunkturellen Bedingungen für einen wirklichen Erfolg der Reform sind damit günstig.
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