Pressemitteilung zum Welttag gegen Menschenhandel am 30.07.: Zusammenarbeit zum Schutz von Roma-Jungen als Opfer des Kinderhandels in Deutschland zeigt Wirkung
Berlin/Freiburg (ots)
Zum ersten Mal konnten in Deutschland Mitglieder eines Roma-Familienverbandes des Menschenhandels zur Zwangsprostitution rumänischer Jungen überführt werden. Dank der erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen Polizei und Jugendamt wurden die Väter als Täter in Berlin zu Haftstrafen verurteilt und die Jungen sicher untergebracht. Dies zeigt: Kinderschutz ist auch in solchen Fällen möglich.
Jedes Kind, das sich in Deutschland aufhält, hat unabhängig von seiner Staatsbürgerschaft den Rechtsanspruch auf Schutz vor sexualisierter Gewalt. Kinder und Jugendliche aus Roma-Familien fallen in der Praxis allerdings oft durchs Netz. Einen rumänischen Vater, der seine beiden zu dem Zeitpunkt 12- und 13-jährigen Söhne zur Prostitution im Berliner Tiergarten gezwungen hat, verurteilte das Landgericht letzten Monat zu fünf Jahren und neun Monaten Haft. Weitere Verfahren laufen.
Menschenhandel und Zwangsprostitution von Roma-Jungen ist in Berlin seit einigen Jahren ein Phänomen, das Fachkräfte des Kinderschutzes als auch die Polizei und Justiz vor neue Herausforderungen stellt. "Die Jungen sind fremd in Berlin; sie sprechen nicht die deutsche Sprache und stehen in völliger Abhängigkeit von ihren Familien. Ihnen fehlt es daher meist am Opferbewusstsein, ihre Aussagebereitschaft zum Nachteil der sie ausbeutenden Familienangehörigen ist gering. Nur mit einem abgestimmten, schlüssigen und vertrauensvollen Zusammenwirken aller beteiligten Institutionen, allen voran Polizei, Staatsanwaltschaft, Senatsverwaltungen, Jugendämter und Fachberatungsstellen, kann die Herauslösung der Opfer aus ihrem familiären Umfeld und damit aus der Zwangsprostitution gelingen. Einige Erfolge waren bereits zu verzeichnen. Hier gilt es anzusetzen," erklärt Martina Millert, Kriminalhauptkommissarin beim LKA Berlin.
Das Bundeslagebild Menschenhandel des Bundeskriminalamtes zeigt, dass in Deutschland mit 45 Prozent die meisten ermittelten Opfer von Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung aus Bulgarien und Rumänien stammen. Fast die Hälfte davon ist jünger als 21 Jahre alt. "Dass Roma-Kinder zum Betteln und anderen strafbaren Handlungen von Menschenhändlern genötigt werden, die durchaus Familienmitglieder sein können, ist inzwischen in der Fachwelt angekommen. Doch Jungen als Betroffene von sexueller Ausbeutung werden bisher übersehen. Kinderschutz ist auch am Rande der Gesellschaft notwendig", so Barbara Eritt, Leiterin der Fachberatungsstelle für Betroffene des Menschenhandels IN VIA Berlin.
Anlässlich des morgigen Welttag gegen Menschenhandel fordern ECPAT Deutschland und IN VIA daher eine bessere Zusammenarbeit der Behörden. Dr. Dorothea Czarnecki, Referentin zum Schutz vor Menschenhandel bei ECPAT, betont: "Wir freuen uns über die Wirkung des erst im Herbst 2018 verabschiedeten Bundeskooperationskonzeptes 'Schutz und Hilfen bei Handel mit und Ausbeutung von Kindern'. Das Berliner Beispiel zeigt: Die fachlich übergreifende Zusammenarbeit kommt direkt den betroffenen Kindern zugute. Es müssen jedoch noch viel mehr Städte und Landkreise die Initiative ergreifen, damit nachhaltige und starke Kinderschutz-Strukturen gegen Kinderhandel in ganz Deutschland entstehen. Das Verbrechen macht nicht an Bundeslandgrenzen halt. ECPAT unterstützt gerne alle interessierten Landesregierungen und Akteure mit Fortbildungen."
Pressekontakt:
Mechtild Maurer, Pressesprecherin ECPAT, maurer@ecpat.de,
0761-45687148, 0171-4166042
Barbara Eritt, IN VIA Berlin, moe@invia-berlin.de, 0177-7386276
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