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WAZ: Olympische Winterspiele 2014: Sotschi war die falsche Wahl - Leitartikel von Florian Hassel

Essen (ots)

Rein sportlich gesehen können die Olympischen
Winterspiele 2014 in der Umgebung der russischen Schwarzmeerstadt 
Sotschi sicher ein Erfolg werden. Zwar ist der Zeitplan eng, dort elf
Wintersport-Arenen, Hotels, Straßen, selbst Eisenbahnstrecken zu 
bauen. Doch mit dem geballten Einsatz der Macht des zunehmend 
wohlhabenden russischen Staates sollte dies trotzdem gelingen.
Dies ist aber auch der Grund, warum viele Einwohner von Sotschi, 
der Umgebung und die Russen allgemein zu bemitleiden sind. Die 
Arbeiten werden wahrscheinlich mit aller Brutalität durchgeführt 
werden. Schon vor dem Zuschlag hat die russische Regierung 
reihenweise eigene Gesetze verletzt, wie nicht nur die 
Umweltorganisation Greenpeace plausibel nachwies. Die Bauplanung 
zeigt zudem, dass von den Spielen vor allem eine dünne, reiche Elite 
profitieren wird. Die Region Sotschi gehört zu den boomenden 
Immobilienregionen Russlands. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die
Unternehmer, die in Sotschi selbst mit Immobilien schon jetzt immense
Gewinne machen, ihren Appetit auch in der reizvollen Umgebung 
befriedigen wollten.
Das Projekt Sotschi 2014 ist in erster Linie ein gigantischer 
Nebelwerfer, der diese Interessen unter dem Deckmantel Olympia 
geschickt verschleiert. Dass die Bauvorhaben nun unter 
internationaler Aufmerksamkeit stehen werden, ist nur ein schwacher 
Trost. Dass die Spiele trotz aller Warnungen in ein Gebiet vergeben 
werden, das nicht nur ein russischer Nationalpark ist, sondern - als 
einzige weitgehend unberührte Bergregion Europas - auch Weltnaturerbe
der Unesco, zeigt, dass Umweltschutz auch im IOC zweitrangig ist. In 
Russland hat er heute erst recht keine Lobby - schon gar nicht unter 
Wladimir Putin und seinem Regime, das eine Politik des 
Wirtschaftswachstums um jeden Preis verfolgt.
Die Vergabe der Spiele nach Sotschi ist aber auch ein politischer
Fehler. Olympia 2014 wird Russland in einem Moment zuerkannt, in dem 
das Land einen entschiedenen antidemokratischen Kurs verfolgt. Für 
den ist der Kreml nun auch noch belohnt worden. Dass die Vergabe 
Olympischer Spiele einen inneren Demokratisierungsprozess fördert, 
hat schon die Praxis Chinas nach der Vergabe der Sommerspiele 2008 
widerlegt. Das Regime um Wladimir Putin oder dessen Nachfolger wird 
Olympia in Sotschi nach allen Regeln der Propagandakunst 
ausschlachten. Es wird Olympia-Gegner und andere Oppositionelle noch 
stärker bedrängen als bisher - das belegen schon die ersten 
Reaktionen aus Moskau.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
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Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de

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