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WAZ: Anmerkungen zu Afghanistan: Abzug wäre Kapitulation - Leitartikel von Ulrich Reitz
Essen (ots)
Nur wegen einiger seltsamer Feststellungen dies zur Klarheit: ob der tote Deutsche in Afghanistan von Taliban oder Taliban-Sympathisanten aus der Entführungs-Industrie ermordet wurde oder einen Herzinfarkt erlitt, ist nicht unerheblich, aber zweitrangig. Der Mann ist ein Terror-Opfer, da gibt es nichts zu relativieren. Genausowenig von Belang ist letztlich, ob Taliban selbst oder ihre Helfershelfer, die mit ideologischer Verblendung auch noch Geld verdienen wollen, verantwortlich sind. Denn in Afghanistan hängt ohnehin der eine mit dem anderen Schurken zusammen.
Das Nachrichten-Magazin "Der Spiegel" liegt hier einfach richtig: Wer ein Stück Deutschland nach Afghanistan exportieren will, muss damit rechnen, ein Stück Afghanistan nach Deutschland zu importieren. Und die Taliban sind zwar Menschenverächter, aber dumm sind sie nicht. Sie wissen, dass der Bundestag im Herbst letztlich darüber befindet, ob Strucks Satz noch Gültigkeit hat, wonach Deutschland am Hindukusch verteidigt wird. Sie wissen, dass die Mehrheit der Deutschen gegen die Afghanistan-Einsätze der Bundeswehr sind. Sie wissen, dass es die deutsche Gesellschaft heftig erschüttern würde, wenn einer dieser Islamisten mit deutschem Pass, die jetzt gerade in pakistanischen Lagern zu perfekten Attentätern ausgebildet werden, sein tödliches Handwerk dann in Deutschland ausübt. Sie wissen, dass die Öffentlichkeit jedenfalls nicht einheitlich nach mehr innerer Sicherheit ruft, wenn von Islamisten die Rede ist, sondern gerne auch nach Toleranz.
Was also tun: Ein Rückzug der Deutschen kommt nicht infrage. Erstens, weil mit dem Afghanistan-Engagement der Verzicht auf eine Teilnahme am Irak-Feldzug begründet wurde. Zweitens, weil Abzug einer Kapitulation gleichkäme und Appeasement gegenüber Gotteskriegern das völlig falsche Signal wäre. Drittens, weil man mit einem Abzug den vielen (deutschen) zivilen Aufbauhelfern, jenen Brückenbauern im doppelten Sinne, den Dolch in den Rücken jagen würde. Viertens, weil die Deutschen dann gleich die Nato verlassen könnten. Fünftens, weil Afghanistan nicht sicherer, sondern insgesamt zur Terror-Zone würde. Sechstens, weil dann dort Mädchen nicht mehr unterrichtet würden.
Leider hat Schäuble die notwendige Diskussion über die innere Sicherheit mit überzogenen Vorschlägen belastet. Dabei wäre es schon ganz richtig, damit aufzuhören, Terror-Kandidaten online nicht zu behelligen. Oder Einzeltäter Anschläge planen zu lassen, weil einer allein eben keine terroristische Vereinigung ist.
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