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WAZ: Der zweite Nobelpreis Jetzt auf Bildung setzen - Leitartikel von Christopher Onkelbach

Essen (ots)

Der zweite Nobelpreis geht nach Deutschland. Das ist
einfach super. Besonders erfreulich ist, dass beide, Peter Grünberg 
und Gerhard Ertl, hier gearbeitet haben. In der Vergangenheit waren 
wiederholt deutsche Forscher mit dem Nobelpreis geehrt worden, die 
ihre Leistungen im Ausland erbracht hatten. Das zeigt, Deutschland 
ist ein guter Ort für Spitzenforschung
Computer und Katalysator, beides Gegenstände des Alltags. 
Grünberg (Physik) revolutionierte die Speichertechnik, Ertl (Chemie) 
erforschte Reaktionen, wie sie zum Beispiel auch im Autokatalysator 
ablaufen. Grundlagenforschung betrieben beide, jahrelang und mit 
ausreichend finanziellen Mitteln versorgt. Und es dauerte wiederum 
Jahre, bis sich die Arbeit auszahlte. Das belegt, wie wichtig es ist,
Wissenschaftler frei und unabhängig, ohne Finanz- und Zeitdruck 
arbeiten zu lassen, denn Forschungselan versiegt, wenn er permanent 
seine Effizienz und seine Relevanz rechtfertigen muss. Schnelle, 
markt- und praxisorientierte Ergebnisse lassen sich eben nicht 
programmieren. Die Preise dürfen daher auch als Appell an die Politik
verstanden werden, Grundlagenforschung stärker und mit langem Atem zu
fördern.
An beiden Preisen lässt sich lernen, wie wichtig ungehinderte 
Grundlagenforschung für den wirtschaftlichen Erfolg sein kann und wie
sehr unser Gemeinwesen von den Ideen der Forscher profitiert. Sie 
schaffen Arbeitsplätze, Wachstum, Wohlstand und sichern Deutschland 
eine zukunftsfähige Rolle in der globalisierten Welt. Dass wir alle 
davon profitieren, jeder ganz persönlich, leuchtet leider immer noch 
nicht allen Menschen ein.
Die Preise belegen zudem den Wert von Bildung als tragende Säule 
einer Wissensgesellschaft. Dass wir von Studien regelmäßig unser 
mittelmäßiges Bildungssystem um die Ohren gehauen bekommen, sollte 
uns gerade vor dem doppelten Nobelerfolg besonders sorgen. Denn so 
sehr die Forschung nun glänzt, in der Lehre liegt einiges im Argen. 
Die in vielen Fächern ausgebuchten Hochschulen sehen sich gezwungen, 
den Zugang streng zu begrenzen. So erhalten zahlreiche talentierte 
junge Menschen keinen Zugang zu höherer Bildung, obwohl wir sie 
dringend brauchen. Im internationalen Vergleich gibt Deutschland zu 
wenig für sein Bildungssystem aus, nehmen zu wenige junge Leute nach 
der Schule ein Studium auf, produzieren die Hochschulen zu wenige 
Absolventen. Jetzt wäre für die Politik der richtige Augenblick, für 
die Nobelpreisträger der Zukunft zu sorgen.

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