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WAZ: Was Beck erreichte und was nicht Drei Igel, ein Hase - Leitartikel von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Die gefühlte Linke in Deutschland, das sind
inzwischen vier Parteien. Geführt werden sie von der 
sozialdemokratisierten Christdemokratin Merkel. Sie hat genau an den 
neuralgischen Ecken, an denen sich Parteien voneinander 
unterscheiden, bei der Union abgeschliffen, was konservativ 
hervorragte. Europäisch bis polyglott statt patriotisch, allen 
Familienmodellen gleichermaßen aufgeschlossen statt der 
traditionellen Aufteilung verpflichtet, und sozial wie wirtschaftlich
längst schon nicht mehr liberal. Nichts verdeutlicht diesen Wandel so
klar wie der Umstand, dass des Kanzlers Schröder Agenda mit Lust nur 
noch von einer Partei vertreten wird: den Liberalen.
An dieser Aufstellung hat Kurt Beck mit seiner Grundsatzrede 
nichts geändert. Wie auch? Dass die SPD sich wieder ein Stück 
sozialdemokratischer aufstellen würde, ohne doch je die 
Sicherheits-Sehnsüchte befriedigen zu können, die sie (vor der 
Agenda-Zeit) einst selbst bediente und die heute von der Linkspartei 
bedient werden, war vorher klar. Den Menschen, deren Lebensgefühl 
sich aus Verlust oder der Angst davor speist, vermag sie zuwenig zu 
geben. Einige sozialpolitische Stellschrauben können nicht viel 
bewirken, wenn Menschen glauben, der Aufschwung gehe an ihnen vorbei,
neue Arbeitsplätze seien schlecht bezahlt oder unsicher, und 
Steuer-Milliarden würden an gierige, gewissenlose Unternehmen 
verschleudert. Denn von der Rücknahme der letzten 
Unternehmensteuer-Reform, die der sozialdemokratische Finanzminister 
verantwortet, war ja wohl nicht die Rede. Und auch Beck versprach 
nicht, die durchgreifenden Steuersenkungen Schröders für Privatleute 
wie Firmen zurückzunehmen; oder sich von der (liberalen) Politik der 
Haushaltskonsolidierung zu verabschieden. Es bleibt dabei: Die SPD 
steht nicht für eine einzige, klare, linke Richtung, sondern für 
einen Politikmix. Sie hat gestern nur das Mischungsverhältnis ein 
wenig geändert, so, wie die Grünen und Merkel schon zuvor.
Nur, dass dieser Prozess bei der Union nicht ins Kontor haut. Die
Union definiert sich viel stärker als die SPD über die Ausübung von 
Regierungsmacht. Wer wie die SPD-Basis idealistischer, wärmer, 
fürsorglicher sein möchte, wird umso mehr an der kühlen Wirklichkeit 
leiden. Deshalb gehört nicht viel zu der Vorhersage, dass die SPD 
auch nach diesem Parteitag zwar besser gelaunt, aber gespalten 
bleiben wird: in eine Regierungs- und eine Oppositionslinke. Wobei 
sie es, anders als der Hase aus dem Märchen, eben stets mit drei 
Igeln zu tun haben wird, die ihr zurufen: Ich bin schon da. 
Allerdings ist jetzt wenigstens mal geklärt, wie der Hase heißt.

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Telefon: 0201 / 804-2727
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