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WAZ: IG Metall mit neuer Spitze Die Verantwortung´ist groß - Leitartikel von Thomas Wels

Essen (ots)

Heute wählt sich die IG Metall eine neue
Führungsspitze. Das ist in mehrfacher Hinsicht ein Ereignis von 
großer Bedeutung: Zum ersten vertritt die IG Metall immerhin noch 2,3
Millionen Mitglieder, ist damit die größte Einzelgewerkschaft der 
Welt und ein Machtfaktor, der wesentlichen Einfluss auf die 
Tarifpolitik der Zukunft hat. Zum zweiten ist die IG Metall ein 
politisches Pfund, wie deren Opposition in Sachen Hartz-Gesetze 
eindrucksvoll belegt: Die Ernte fuhr die Gewerkschaft gerade auf dem 
Hamburger Parteitag der SPD ein.
Nun werden aller Voraussicht nach mit Berthold Huber und Detlef 
Wetzel zwei Männer zum 1. und 2. Vorsitzenden gewählt, die gemeinhin 
als Pragmatiker gelten. Allerdings hat sich die Gewerkschaft schon 
lange von der Brachial-Rhetorik ihres Vorsitzenden Jürgen Peters 
verabschiedet. Seit über drei Jahren schließt sie in Krisenfällen 
allseits gelobte Ergänzungstarifverträge ab, die vor allem eine 
Botschaft ins Land senden: Wir kümmern uns nicht nur um eure Löhne, 
wir kümmern uns auch um den Erhalt eurer Jobs.
Damit wurde ein Paradigmenwechsel vollzogen: Bis dahin hatte sich
die IG Metall häufig anhören müssen, sie mache eine Politik allein 
für die Arbeitsplatzbesitzer, nicht für die Arbeitslosen. Wetzel und 
Mitstreiter haben ihre Kritiker in der Politik und im 
Arbeitgeberlager eines Besseren belehrt. Still, leise und effizient 
vollzogen die Pragmatiker den Abschied vom Beton.
Den Gewerkschaften gehört ein Gutteil des derzeitigen 
Aufschwungs: Der Lohnzurückhaltung zwischen 1996 und 2006 ist es zu 
verdanken, dass die Lohnstückkosten im Vergleich zu den wichtigsten 
Wettbewerbsländern gesunken sind. Nur deshalb konnte sich Deutschland
an die Spitze des konjunkturellen Geleitzuges in Europa setzen. Auch 
aus Sicht der IG Metall war das eine langfristig kluge Politik. Neue 
Mitglieder gewinnt man nicht in Zeiten des Arbeitsplatzabbaus. Die 
Metallbranche hat im zurückliegenden Jahr 100 000 neue Jobs 
geschaffen, darunter sind auch neue Mitglieder. Inzwischen verliert 
die IG Metall zwar immer noch Mitglieder, aber deutlich weniger als 
der gesamte DGB.
Die neue Führung hat ab heute eine große Verantwortung. Sie wird 
berechtigt ein größeres Stück an der erarbeiteten Wirtschaftsleistung
einfordern. Sie muss aber aufpassen, dass sie nicht im allgemeinen 
Verteilungsrausch des nach links driftenden Parteiengefüges das Maß 
verliert. Huber und Wetzel wissen, wie wichtig neue Arbeitsplätze 
sind.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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