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WAZ: Gesetz zur Datenspeicherung Vorsorglich verdächtig - Leitartikel von Christopher Onkelbach

Essen (ots)

Wozu die Aufregung? Wer nichts Böses im Schilde
führt, wird durch das Gesetz nicht behelligt, mag mancher denken. 
Doch so einfach ist das nicht. Der Staat sichert sich einen 
umfassenden Zugriff auf die Kommunikation seiner Bürger, und dies 
bringt in mindestens drei Punkten eine neue Qualität in die 
Datenüberwachung.
Erstens: Ab 2008 wird sechs Monate lang gespeichert, wer mit wem 
geredet hat, wo er sich dabei aufhielt, an wen er E-Mails verschickte
und von wem er sie bekam. Diese Daten werden auf Vorrat angelegt. Das
heißt, sie werden zum Zweck einer möglichen Strafverfolgung 
aufbewahrt. Auf sie zugreifen können Strafverfolgungsbehörden nur 
dann, wenn sie eine richterliche Anordnung besitzen. Dies schützt den
Bürger davor, unschuldig ins Ermittlungsraster zu geraten. Aber: 
Geheimdienste benötigen kein richterliches Okay. Man muss nicht unter
Verfolgungswahn leiden, wenn man sagt: Dies öffnet Wege für eine 
gewisse Willkür.
Zweitens: Das Gesetz ist ein nicht unbedeutender Eingriff in die 
Grundrechte der Menschen. Denn die Speicherung der Daten erfolgt 
unabhängig von Hinweisen auf eine Straftat, da sie vorsorglich 
geschieht. Dies halten Rechtsexperten für höchst bedenklich. Das 
Gesetz erfasst die gesamte Bevölkerung und greift damit in die 
Privatsphäre ein ohne einen Tatverdacht. Ob die Verfassungsrichter 
eine solche Regelung durchwinken werden, ist noch nicht gesagt.
Drittens: Es gibt Leute, die von Berufs wegen Geheimnisse 
bewahren müssen, etwa Ärzte, Rechtsanwälte und Journalisten. Im 
Gegensatz zu Abgeordneten, Strafverteidigern oder Seelsorgern soll 
für sie aber nur ein "eingeschränktes Erhebungs- und 
Verwertungsverbot" gelten. Dagegen protestierten diese Berufsgruppen 
heftig - zu Recht. Gespräche zwischen Patient und Arzt, Mandant und 
Anwalt, Informant und Journalist sind auf absolute Vertraulichkeit 
angewiesen. Wenn alles, was über Telefone, Handys und Computer einer 
Redaktion läuft, von Ermittlungsbehörden eingesehen werden kann, ist 
diese Vetraulichkeit verletzt, was letztlich auch die grundgesetzlich
geschützte Pressefreiheit berührt.
Grundsätzlich ist der Staat verpflichtet, seine Bürger vor 
Gefahren zu schützen. Das Gesetz, so argumentiert die Regierung, soll
den Staat im Kampf gegen den Terror stärken. Doch stellt sich die 
Frage, ob hier Vorsorge wirklich nur Fürsorge meint oder ob sie auch 
eine Begründung dafür ist, in Grundrechte einzugreifen. Dass die 
Behörden beteuern, man werde verantwortungsvoll damit umgehen, kann 
kaum beruhigen.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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