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WAZ: Sensation in New Hampshire - 1:1 für Hillary Clinton - Leitartikel von Markus Günther
Essen (ots)
Die politischen Nachrufe lagen schon bereit. Hillary Clinton war im Wortsinne schon abgeschrieben, als die ersten Ergebnisse aus New Hampshire einliefen: Ein Comeback erster Klasse! Plötzlich steht es 1:1, und das ist mehr als ein Unentschieden. Es steht 1:1 für Hillary Clinton. Sie hat mit dem Ausgleichstreffer ihre Favoritenrolle zurückerobert.
Das Wahlergebnis von Iowa vor einer Woche und der Sieg von Barack Obama waren eine handfeste Überraschung. Aber das Wahlergebnis von New Hampshire ist eine richtige Sensation. Alle Meinungsforschungsinstitute hatten nur einen Sieger vorausgesagt: Obama. Wie kam es zur sensationellen Wendung? Mindestens zum Teil lautet die Antwort: Hillary Clinton wurde in ihrem politischen Überlebenskampf vor allem von den weiblichen Wählern gerettet. Frauen-Solidarität war durchaus im Spiel und ein Gefühl von "Das hat sie nicht verdient!", nachdem sie in den letzten Tagen eine verheerende Presse bekommen hatte.
Doch etwas anderes kam hinzu: Die Tränen, mit denen Hillary Clinton am Vorabend der Wahl von New Hampshire kämpfte, zeigten sie von einer ungewohnt menschlichen Seite und gaben ihrer Kampagne genau das, was ihr immer fehlte: Wärme. Haben die Berater ihr gesagt, sie solle mal auf die Tränendrüse drücken? Ausgeschlossen ist das nicht.
Doch ihr Sieg (und Obamas Niederlage) liegen am Ende doch auch noch auf einer anderen Ebene. Zugespitzt gesagt: In Iowa hat sich Amerika für den jungen Schwarzen begeistert, man wollte mutig sein, Neues wagen, sich einem zwar unerfahrenen, aber idealistischen Propheten anvertrauen. Doch nach Iowa ist Amerika über den eigenen Wagemut erschrocken und ist schnell wieder zurückgekehrt zur Favoritin des Partei-Establishments, zur alten Kämpferin, die keine Revolution verspricht, aber einen solide vorbereiteten Politikwechsel.
Für viele Demokraten ist die Entscheidung zwischen Barack Obama und Hillary Clinton eine Entscheidung zwischen dem, was der Kopf sagt, und dem, was das Herz will. Hillary Clinton überzeugt, Barack Obama begeistert. "Wahlkämpfe macht man in Lyrik, aber regiert wird in Prosa", hat Hillary Clinton mit Blick auf Obamas poetische Wahlkampfreden gesagt und gehässig hinzugefügt: "Wir brauchen keinen Schwätzer, sondern einen Macher." Doch inzwischen hat sie verstanden, dass all ihre klugen Argumente nicht ausreichen. Wenn sie Präsidentin werden will, muss sie auch die Herzen gewinnen.
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