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WAZ: Steuer-Affäre: Elite? Welche Elite denn? - Leitartikel von Thomas Wels
Essen (ots)
Nun hat die Republik ihr Megathema, einen Steuer-Skandal, der seinesgleichen sucht, der im Ausmaß erschreckend ist und der ausgerechnet mit einem Vorzeige-Saubermann aus der Chefetage seinen Anfang nahm. Klaus Zumwinkel, vor laufenden Kameras aus der Kölner Villa Raffzahn geführt, gibt der Debatte ihren Spin: Die Wirtschaftselite versagt auf breiter Front.
Das passt ins Bild, seitdem Jürgen Schrempp Daimler arm und sich reich machte, seitdem bei Siemens die Korruptionsfahnder streng Riechendes am laufenden Band zu Tage fördern. Was aber hat das eine mit dem anderen zu tun? Nicht viel.
Selbst der gekrampft wirkende Versuch, den Skandal der Reichen als das Versagen der Elite hochzujazzen, zeigt einmal mehr: Wenn die Deutschen etwas skandalisieren, dann richtig. Wie kommen wir eigentlich dazu, diejenigen, die so viel Geld haben, dass sie in den Genuss einer Liechtensteiner Stiftung mit einer Mindesteinlage von einer Million kommen, als Elite im Sinne einer Führungsschicht zu bezeichnen?
Zumwinkel hat Steuern hinterzogen, ein Manager eines großen Konzerns. Auch einige Mittelständler sollen sich auf Liechtensteiner Gefilden getummelt haben, regionale Promis, vielleicht Sportler und Künstler. Nehmen wir einmal an, der Fall hätte nicht mit Zumwinkel begonnen, sondern mit einem der besser verdienenden Balltreter aus dem Oberhaus des deutschen Fußballs.
Hätte sich die Kanzlerin mit anderen Bundesliga-Spitzenkräften verabredet, um über die Rettung der sozialen Ballwirtschaft zu reden? Hätten die politischen Spitzenkräfte ebenso laut nach einer Verschärfung der Gesetze gerufen, weil zehn Jahre Höchststrafe bei dieser allgemeinen Aufregung als allzu milde erscheinen, obwohl mancher Totschläger billiger wegkommt? Es soll sogar schon Politiker gegeben haben, die es mit dem Steuerrecht nicht allzu ernst genommen haben.
Womöglich haben wir es nicht mit einer Systemkrise zu tun, sondern mit einer Krise von Anstand und Ehrlichkeit - kompakt auf eine CD gepresst. Es gibt nichts zu entschuldigen. Eine Fingerzeig-Debatte auf "die da oben", die erklärt nicht das tief sitzende Ungerechtigkeitsgefühl, das die Globalisierung hervorruft. Top-Manager schwimmen wie Kapital auf der Welle der Internationalisierung: heute hier, morgen dort. Sie sind die Gewinner der Zeit, und tragen daher im Sinne einer Elite besondere Verantwortung. Wie im Übrigen die Politik auch, die sich vor Parolen hüten sollte.
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