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Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) kommentiert die Geiselkrise in Afghanistan:

Bielefeld (ots)

Zwei Männer, vermutlich Rudolf B. und Rüdiger D.
aus Mecklenburg-Vorpommern, wollten beim Wiederaufbau Afghanistans 
helfen. Das wurde ihnen zum Verhängnis. Edle Motive rangieren in dem 
seit Weihnachten 1980 vom Krieg zerrissenen Land ganz weit unten.
Auch die tagesaktuellen politischen Umstände der Entführung und des 
möglichen Todes einer Geisel können ungünstiger nicht sein. Die 
Koalitionstruppen verlieren zusehends an Boden, die Regierung von 
Hamid Karsai ist schwächer denn je, und Washington denkt darüber 
nach, Pakistans Militärherrscher Pervez Musharraf fallen zu lassen.
 Die Provinzen auf beiden Seiten des Hindukusch brennen, die Taliban 
sind längst mehr als versprengte Hochtal-Krieger, der islamistische 
Terrorismus ist nicht zerschlagen, sondern gestärkt. Er hat seit 
Karsais Deal mit den Taliban um einen Gefangenenaustausch gegen eine 
italienische Geisel im März sogar an Bedeutung gewonnen. An den 
brutalen »Gotteskriegern« führt kein Weg mehr vorbei - selbst wenn 
sie gar nicht aktiv hinter den laufenden Entführungsfällen stecken 
sollten.
Klar, dass die Debatte um insgesamt drei Bundeswehr-Mandate von den 
deutlich erhöhten Risiken durchdrungen ist. Zum Jahresbeginn ging es 
nach dem Tod eines Mitarbeiters der Deutschen Welthungerhilfe noch 
vorrangig um die Frage, ob Hilfsorganisation mit ihrem 
nichtmilitärischen Status noch sicher arbeiten können und Chancen 
haben. Jetzt stehen harte militärische Erwägungen an.
 Die Taliban-Strategie lautet Angst und Terror. Auch deshalb lehnen 
die Deutschen einen Kampfeinsatz im Süden ab. Trotz zunehmender 
Sicherheitsrisiken will man auch weiterhin Kontakte zu Einheimischen 
außerhalb der Militärcamps suchen. Rausgehen und mit den Leuten 
sprechen bleibt die Maßgabe der Befehlshaber an ihre Soldaten - 
solange das noch geht.
Tapferes Festhalten am einmal eingeschlagenen Weg demonstriert auch 
Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD). Die zivile 
Wiederaufbauhilfe müsse fortgesetzt werden, sagt sie vom fernen 
Berlin aus.
Immer noch möglich bleibt, dass die Entführung der zwei Deutschen 
eigentlich ihren afghanischen Begleitern gegolten hat. Unter den 
Geiseln war nämlich auch ein Bruder des einflussreichen 
Vize-Regierungssprechers Arif Noorzai. Der stammt aus der Region 
Helmand und gehört einem einflussreichen Paschtunenstamm an.
 Arif Noorzai ist für den Geheimdienst kein Unbekannter. Er gilt als 
einer der sogenannten Drogen-Fürsten, die ihre politischen Kontakte 
nutzen, um massiv an dem milliardenschweren Geschäft mit afghanischem
Opium mitzuverdienen. Allerdings: Warum ließen die Kidnapper Noorzai 
wieder frei? Auch dafür gibt es bei den Hindukusch-Händeln eine 
Erklärung. Möglicherweise soll er in den weiteren Verhandlungen mit 
der deutschen Seite Lösegeld aushandeln, eine hübsche Provision nicht
ausgeschlossen.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original-Content von: Westfalen-Blatt, übermittelt durch news aktuell

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