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WAZ: Der Comandante tritt ab - Die Dynastie der Gebrüder Castro - Leitartikel von Richard Kiessler

Essen (ots)

Der Abgang ist endgültig. Aber mit dem Verzicht
Fidel Castros auf seine Ämter als kubanischer Staatschef und 
Oberkommandierender der Streitkräfte geht eine weltgeschichtliche 
Epoche zu Ende, die ihresgleichen sucht. 49 Jahre lang hat Kubas 
"Maximo Lider" die Geschicke der Karibikinsel, nur 90 Seemeilen von 
der amerikanischen Küste entfernt, bestimmt. Ein solcher Rekord an 
der Spitze eines Staates ist selten, selbst in strammen Diktaturen.
Kuba war das letzte Land in Lateinamerika, das sich 1898 von der 
spanischen Kolonialherrschaft löste. Und das erste, das aus dem 
Hinterhof der USA ausbrach und diesen die Stirn bot. Zeit seines 
Lebens war Fidel Castro ein Stachel im Fleisch der USA, seines großen
Gegners. Seit der bärtige Revolutionär 1959 im Triumphzug Havanna 
eroberte, war er von Amerika fasziniert und zugleich abgestoßen. Die 
Kehrtwende zum Sozialismus sowjetischer Prägung vollzog der aus einer
bürgerlichen baskischen Familie stammende Castro, als er daran ging, 
dem Sturz der Diktatur Enteignungen US-amerikanischer Firmen folgen 
zu lassen. Sein Widerpart in Washington, Präsident Kennedy, reagierte
mit einem Boykott Kubas. Bis heute dient das Handelsembargo dem 
kubanischen Regime als Grundlage seines Weges in den Sozialismus à la
Kuba und in neue Abhängigkeiten.
Als die Sowjetunion unterging, brach Kubas wichtigste 
wirtschaftliche Stütze weg. Längst ist aus der wegen ihrer sozialen 
Errungenschaften vielerorts bewunderten Revolution auf der 
Zuckerinsel eine hässliche Diktatur geworden - mit tausenden 
politischen Häftlingen, Dissidenten und Flüchtlingen, die im Exil in 
Miami Rache schworen. Tausende Hinrichtungen gehen auf das 
Schuldkonto Castros, aber auch eine verkorkste Invasion in der 
Schweinebucht und zahllose misslungene Castro-Attentate auf das des 
US-Geheimdienstes CIA. In der Kuba-Krise 1962 hätte der Comandante en
Jefe sogar einen Atomkrieg riskiert. Doch mit dem Einlenken der 
Sowjetunion wurde er zum Spielball übergeordneter weltpolitischer 
Interessen der Großmächte.
Lange hielt sich in Washington der Glaube, mit Castros Abgang 
werde auch das Regime zusammenbrechen. Diese Hoffnung wird sich so 
schnell nicht erfüllen. Denn der Machtwechsel von Fidel zu seinem 
Bruder Raúl ist lange vorbereitet und kommt nicht überraschend. Die 
Dynastie der Cas-tro-Brüder garantiert einen Übergang in relativer 
Stabilität. Fidel Castros längst verblichener weltrevolutionärer 
Glanz kann keinen Schatten mehr auf seinen ohnehin uncharismatischen 
Bruder werfen.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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