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WAZ: Serben greifen UN und Kfor an - Katz und Maus im Kosovo. Kommentar von Christian Balke

Essen (ots)

Am Montag spielten sich in Kosovska Mitrovica Szenen
ab, die in verhängnisvoller Weise an die Gewalt-Orgien erinnerten, 
die sich vor 15 Jahren in Kroatien und Bosnien-Herzegowina 
ereigneten. Wie damals in Bosnien, machten Serben Jagd auf Blauhelme.
Prächtig verstanden es Milosevic, Karadzic und Seselj, die damaligen 
Führer des radikal-nationalistisch orientier-ten Serbien der 
neunziger Jahre, gezielt geplante Gewaltakte vor der 
Weltöffentlichkeit als spontane, aus der Emotion geborene 
Zusammenstöße darzustellen.
Nur scheinbar spontan waren auch die gestrigen Exzesse im Norden 
des Kosovos, das zwischen Albanern und Serben zweigeteilt ist. Es war
kein Zufall, dass die Lage ausgerechnet am 17. März eskalierte. Exakt
vier Jahre nach dem gewaltsamen Tod von acht Kosovo-Serben setzten 
deren radikale Landsleute ein Ausrufezeichen gegen Ruhe und 
Besinnung, die in der Region seit Tagen herrschten. Wer von spontanem
Aufbäumen gepeinigter serbischer Bürger spricht oder schreibt, 
verkennt völlig die gesellschaftlichen Realitäten in Serbien und im 
Kosovo.
Während der serbische Präsident Boris Tadic krampfhaft versucht, 
sich nicht zu verrenken beim Spagat zwischen pro-europäischer Politik
und nationalen Durchhalteparolen, muss ein anderer sich in Brüssel 
gar nicht anbiedern: Tomislav Nikolic, Chef der Radikalen Partei 
Serbiens, ist Herr über Hooligans und Freischärler, der starke Mann 
in Serbien. Nikolic kontrolliert die "Macht der Straße", kokettiert 
offen damit, dass nur er derjenige sei, der Gewalt verhindern kann - 
wenn er denn will. Bereits die gewalttätigen Ausschreitungen bei den 
Demonstrationen in serbischen Großstädten wurden von den 
"Streetworkern" der Radikalen organisiert.
Kein Fußballfanklub, kein Veteranen-Verband, keine Gangsterkneipe
in Serbien, in denen die Radikalen nicht mindestens einen Kontaktmann
haben, der im Zweifelsfall den Marschbefehl gibt: Wörtlich, per SMS 
oder E-Mail. Ausgeschöpft hat Nikolic seine Mittel noch nicht. 
Schusswaffen und Granaten, wie Montag in Mitrovica, werden seine 
Anhänger wohl auch in naher Zukunft nur dosiert einsetzen, um keinen 
Kampf zu provozieren, den sie am Ende nur verlieren können.
Nikolics Signal an die Kfor ist dennoch klar: Die zweite 
Eskalationsphase im Kosovo hat begonnen. Die Rollen im 
"Kosovo-Katz-und-Maus" sind ebenso klar verteilt: Nikolic und seine 
Verbündeten agieren, die Kfor appelliert, wartet ab und reagiert.

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
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