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WAZ: Die SPD und Beck in der Krise - Ohne Profil und Selbstbewusstsein - Leitartikel von Angela Gareis

Essen (ots)

Die SPD weiß nicht mehr, wo ihr der Kopf steht, und
das hat sehr viel mit dem Kopf zu tun. Wo steht Kurt Beck? Diese 
Frage kann möglicherweise auch Kurt Beck nicht mehr genau 
beantworten. Zu sehr hat er sich vom rechten und linken Flügel seiner
Partei sowie von sich selbst mal hierhin und mal dorthin treiben 
lassen. Von links zu Reformen der Reformen der Agenda 2010. Von 
rechts zur Bahnprivatisierung. Von sich selbst zum Verbot von 
Kooperationen mit der Linkspartei im Westen. Von links zur Erlaubnis 
derselben.
Der Vorsitzende, das wird immer deutlicher, führt seine Partei 
nicht. Allenfalls überrascht er sie mit Alleingängen, zuletzt mit 
seinem Vorschlag für ein eigenes Steuerkonzept der SPD. Inzwischen 
überrascht ihn die Partei mit Alleingängen. Heidi Wieczorek-Zeul 
empfängt den Dalai Lama und provoziert Streit um die Linie von 
Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Dazu bemerkt der Vorsitzende, 
dass er "den Scheiß" nicht habe verhindern können. Andrea Nahles 
wünscht sich öffentlich eine Kandidatin für das Amt des 
Bundespräsidenten namens Gesine Schwan. Dazu bemerkt der Vorsitzende.
"Das Selbstbewusstsein hat die SPD."
Die SPD aber hat augenblicklich überhaupt kein Selbstbewusstsein.
Man muss sogar annehmen, dass sie nicht einmal mehr über ein 
Bewusstsein verfügt. Anders lässt sich schwerlich erklären, dass sie 
sich immer tiefer in die Krise begibt. Die Darstellung der SPD ist so
"ein Scheiß", um es in Becks Sprachgebrauch auszudrücken, dass sie 
sogar der Union allmählich Angst einjagt. Denn noch existiert die 
Große Koalition, und Kanzlerin Angela Merkel muss befürchten, dass 
die SPD nicht nur sich selbst beschädigt, sondern auch die Koalition 
und das Bild der Politik insgesamt. Denn von den sinkenden Werten der
SPD profitiert nicht die Union, sondern die Linkspartei.
Beck muss erkennen, dass er Profil und Respekt verloren hat. Die 
Frage, ob er als Kanzlerkandidat antreten will, braucht er sich nicht
mehr zu stellen. Wenn Partei und Vorsitzender weiter den Kurs von 
Treibgut verfolgen, dann wird Beck stranden. Selbst der Mangel an 
Alternativen kann ihn nicht mehr lange im Amt sichern, denn ein 
Vorsitzender, der seine Partei nicht führt, oder bestenfalls noch 
tiefer in die Krise, der ist nicht nur ersetzbar. Er muss ersetzt 
werden.
Der Zukunftskongress in Nürnberg Ende Mai könnte sich als letzte
Chance für Kurt Beck erweisen, der Partei eine klare Richtung zu 
weisen.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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