Westdeutsche Allgemeine Zeitung
WAZ: Gipfelkreuz ist in Sichtweite. Kommentar von Hans-Josef Justen
Essen (ots)
Am Ende einer spektakulären PR-Tour, die zu Deutschlands höchstem Gipfel führte, hat der Bundestrainer vor rund fünf Wochen sein Europameisterschafts-Aufgebot benannt und damit reichlich Häme riskiert. Denn der einleuchtende Symbolgehalt dieser außergewöhnlichen Nominierungs-Prozedur, die das Streben zum lichten Ziel ausdrücken sollte, hätte bei Versagen böse umgedeutet werden können. Mit Begriffen wie Abrutsch oder Absturz oder Talfahrt oder so. Aber nichts davon. Zur Beglückung von Millionen Fans, die Deutschlands Straßen in Feier-Meilen verwandelt haben und mit lärmender Begeisterung die Nacht zum Tage machten, hat Joachim Löws Auslese das Gipfelkreuz des kontinentalen Fußballs vor Augen. Nur noch ein Spiel, nur noch ein Sieg, und Endstation Sehnsucht wäre erreicht. Denn in Wien kommt es zum ultimativen Duell, zur finalen Entscheidung, zur Klärung der letzten offenen Frage: Deutschland oder Spanien? Sich an Prognosen, an verlässliche Tipps heranzuwagen, ist gerade bei diesem Turnier so riskant wie nie. Denn die EURO 2008 erinnerte an eine Wundertüte, die eine Überraschung nach der anderen ans Licht zauberte: Nach der Vorrunde war Holland dank seiner begeisternden Darbeitungen bereits der erklärte Europameister, auch die Portugiesen schienen auf dem Weg zum Glück kaum aufzuhalten zu sein, bis sie an dem famosen Deutschen scheiterten. Und nach dem Viertelfinale gab es abermals nur noch eine Mannschaft, nur noch einen Top-Trainer, nur noch einen Überflieger: Russland, gesponsert von der Oligarchie wundersam reicher Milliardäre, meisterhaft vorbereitet von Guus Hiddink, der in der Lage schien, Blechbüchsen in Goldklumpen umzuwandeln, genial geführt von Wunderknaben Andrej Arschawin, dem selbst das Feuilleton der FAZ eine geradezu anbetende Hymne widmete. Doch gegen Spanien kam der vermutete "Fußballgott" ans Ende seiner menschlichen Grenzen. Müde, matt, unauffällig, wenig inspiriert, während sich die Spanier "in der Nähe des Himmels" wähnten. Abwarten: Sonntag ist Deutschland der Gegner. Bei solchen Anlässen immer verteufelt stark.
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