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WAZ: Deutsche Soldaten & US-Steuern - Ist Obama doch nicht so toll? - Leitartikel von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Kaum ist Barack Obama wieder daheim, wird er von
deutschen Politikern auch schon heftig verprügelt. Ist das etwa die 
postwendende Rache dafür, dass der charismatische Redner aus USA dem 
mehr oder weniger drögen deutschen Polit-Establishment vorführte, wie
lustvoll sich die Beziehung von Spitzenpolitikern zum Volk auch noch 
gestalten ließe (entsprechendes Talent vorausgesetzt, natürlich)?
Was ist der Anlass für den Ärger? Obama hat im US-Fernsehen 
gesagt, wenn die Verbündeten mehr Soldaten nach Afghanistan 
schickten, könnten die Amerikaner welche abziehen und mit dem so 
gesparten Geld bedrängten Mittelschichten Steuern erlassen. Das ist 
richtig und falsch zugleich. Richtig, weil auch die Amerikaner jeden 
Dollar nur einmal ausgeben können. Falsch, weil auch Obama nicht auf 
die Idee käme, so simpel Politik zu machen; das wäre der Abschied von
jeder staatsmännischen Vernunft. Denn demnach wäre die Abschaffung 
der US-Armee die beste Politik für bedrängte amerikanische 
Mittelschichten.
Politik verfolgt, egal wo auf der Welt, stets mehrere Ziele, 
niemals nur eins. Ob das den Kandidaten Obama betrifft oder die 
Kanzlerin Merkel, macht keinen Unterschied. Wer das ignoriert, ist 
ein Bauernfänger. (Mal sehen, wann Gregor Gysi darauf kommt, die 
Bundeswehr abzuschaffen, um damit Menschen vor dem Kältetod zu 
bewahren.)
Bedrängt sind die Mittelschichten nicht nur in den USA, sondern 
auch in Deutschland. Auch sie müssen viel mehr bezahlen für Energie 
oder Lebensmittel oder Angst haben um ihren Job, obwohl sie doch bei 
so eingeführten Adressen arbeiten wie Daimler, Siemens oder der 
Telekom. Einfache Lösungen gibt es nicht. Energie-Sozialtarife sind 
nur dann sinnvoll, wenn hier nicht der Staat mit Subventionen anrennt
gegen Energie-Spekulanten. Und wer, wie der 
Bundeswirtschaftsminister, die Steuern senken will, um die 
Inlands-Nachfrage zu stimulieren, der entfacht gegen die einbrechende
Konjunktur auch nur ein Strohfeuer. Ganz abgesehen davon, dass die 
Sanierung des Bundeshaushalts eines der wenigen wirklich erkennbaren 
Markenzeichen der Regierung Merkel/Steinbrück ist. Und wer Steuern 
senkt, dem fehlt das Geld, um die Verschuldung zu verringern.
Was hat nun der Streit um Obama mit den neuen 
Auseinandersetzungen in der Großen Koalition gemein? Er lehrt, dass 
man mit Ehrlichkeit bei den Wählern am Ende vielleicht doch weiter 
kommt als mit Stimmenfängerei.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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