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WAZ: Lernstandstests in der Debatte - Aus der Traum von der guten Hauptschule - Leitartikel von Sigrid Krause

Essen (ots)

Die Zahlen sind jedes Mal aufs Neue erschreckend.
Seit dem Pisa-Schock vom 4. Dezember 2001 wissen wir: Deutschlands 
Schulen bringen im weltweiten Vergleich extrem viele 
Bildungsverlierer hervor. Fast jeder vierte 15-Jährige liest und 
rechnet kaum besser als ein Viertklässler.
Seitdem ist auch für jeden, der Statistiken lesen und verstehen 
will, offenkundig: Hauptschüler - in der Mehrzahl Jungen - bilden den
harten Kern dieser Risikogruppe. Junge Männer und Frauen, die im 
Einstellungstest zum Klempner oder zur Kaufrau scheitern würden. 
Eltern wissen längst: Legt ihr Kind bei der Bewerbung ein 
Hauptschulzeugnis vor, ist es in vielen Branchen schon aus dem 
Rennen. Die wenigsten melden ihr Kind freiwillig zur Hauptschule an. 
Deshalb ist es notwendig und gut, dass die Kultusminister sich 
endlich verstärkt um die "Kellerkinder" unseres Bildungswesens 
kümmern.
Was aber zurzeit - hinter verschlossenen Türen - diskutiert wird,
klingt wie ein schlechter Scherz: Weil Hauptschüler so extrem hinter 
den Leistungen der Gleichaltrigen zurückliegen, will man künftig 
lieber gar nicht mehr genau wissen, wie groß der Abstand ist. Dabei 
waren bundesweit einheitliche Lernstandstests über alle Schulformen 
hinweg eins der wenigen Projekte zur Analyse der Schulqualität, über 
die sich die 16 Länder nach Pisa einig wurden. Nun droht die 
Kehrtwende.
Hauptschulen auf Jahre von den bundesweiten Lernstandstests 
auszunehmen, ihnen stattdessen niedrigere "Standards" zu verpassen, 
wäre ein dramatisches Eingeständnis des Scheiterns: Die Idee von der 
Hauptschule als gleichwertiger Bildungsweg neben den übrigen 
Schulformen wäre erledigt.
 Eine Idee, die gerade die schwarz-gelbe Landesregierung in 
Düsseldorf seit Jahren vehement vertritt. Ihr erklärtes Ziel ist es, 
die Hauptschulen zu stärken. Sie hat - trotz rapide sinkender 
Schülerzahlen - Millionen Euro investiert in den Ausbau des 
Ganztagsbetriebs. Sie propagiert den Erhalt dieser Schulform, die den
"praktisch begabten" Kindern die bestmögliche Förderung biete.
Noch ist offen, wie sich die Runde der Kultusminister im Dezember
entscheidet. Für die NRW-Schulministerin könnte es eine ungemütliche 
Debatte werden. Länder wie Thüringen, Sachsen, Hamburg oder 
Schleswig-Holstein können das Thema gelassen sehen, weil es dort 
Hauptschulen (bald) nicht mehr gibt. NRW steckt fest: Die CDU bleibt 
bei ihrer Haltung, die FDP hat längst andere Pläne. Die Debatte 
läuft.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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