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WAZ: Vom Umgang in Krisenzeiten - Große Kooperation statt Parteien-Zank - Leitartikel von Thomas Wels

Essen (ots)

Heute ist Großauftrieb der Regierungschefs,
Finanzminister und sonstiger Hundertschaften Geldexperten der 
wichtigstens 20 Industrie- und Schwellenländer - ein 
Weltfinanzgipfel, der seinen Namen verdient und einmal mehr die 
Dringlichkeit eines raschen und gemeinsamen Handelns aufzeigt. Es 
bleibt zu hoffen, dass sich die Regierungschefs in Washington 
nüchtern und pragmatisch der größten Wirtschaftskrise seit 1929 
stellen. Der Ernst der Lage gebietet es.
In Berlin konnte man zuletzt den gegenteiligen Eindruck gewinnen.
Nach dem ersten Erschrecken über das dramatische Marktversagen und 
einer nicht minder dramatischen und entschlossenen Rettungsaktion ist
der Applaus längst verhallt. Auf der parteipolitischen Bühne tummeln 
sich die Besser- und Immerschonwisser, darauf hoffend, mit der Krise 
ließe sich das eigene Profil schärfen. Wie kleinmütig, angesichts der
Größe der Herausforderung.
Da sind die Linken, die glauben, der SPD die Finanzkrise in den 
Rachen schieben zu können, da sie es doch war, die in ihrer 
Regierungszeit die Finanzmarktregeln (Verbriefung von 
Kreditforderungen) gelockert und mit ihrer Agenda die Trommel zum 
Tanz ums goldene Kalb geschlagen habe.
Auch Jürgen Rüttgers, CDU-Ministerpräsident in NRW, schlägt in 
diese Kerbe. Steuerfreiheit für den Verkauf von Aktienpaketen zu 
Gunsten der Konzerne, die Agendapolitik - unter Rot-Grün habe das 
Primat der Wirtschaft gegolten. Selten waren sich Linke und CDU so 
einig. Selten lagen beide so daneben. Weil das eine mit dem anderen 
nichts zu tun hat. Weil die desolate Wirtschaftslage vor zehn Jahren 
andere Maßnahmen erforderte als heute.
Die Jagd über die Stammtische hat freilich auch die Liberalen 
eingeholt. Es ist schon putzig, wenn Guido Westerwelle nun frech das 
Versagen des Staates geißelt, der das Finanzmonster von der Leine 
gelassen habe, ganz nach dem Motto: Angriff ist die beste 
Verteidigung der FDP, die als Freund der Marktwirtschaft unter 
Generalverdacht steht.
Ohne Maß und Mitte, ohne Skrupel werfen sie mit historisch 
beladenen Erschreckwörtern um sich: Rezession, Inflation, 
Weltwirtschaftskrise. Vermischen und Verdrehen von Halbwahrheiten, 
daraus kleine Politpäckchen schnüren und unters Volk werfen - eine 
solche Debatte um Schrottkredite gerät zur Schrottpolitik. Diese Art 
des Umgangs ist der Krise und der Sorgen der Deutschen nicht 
angemessen.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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