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WAZ: Zum CDU-Parteitag - Macht des Mittelmaßes - Leitartikel von Angela Gareis

Essen (ots)

Neuerdings spricht Bundeskanzlerin Angela Merkel
häufig über Mitte und Maß, wobei man fast automatisch an das Wort 
Mittelmaß denkt. Vielleicht wäre ihr so ein unbewusster Automatismus 
gar nicht unrecht, denn in diesen komplizierten Zeiten muss sie 
vermeiden, dass ihre Partei ihr Höchstleistungen abverlangt. In der 
Krise ist es für die Kanzlerin vor allem wichtig, Positionen (und 
Verantwortung) zu teilen, und zwar mit der SPD. Positionen (und 
Verantwortung) für die CDU zu vereinnahmen, könnte sich als 
gefährlich erweisen.
Im Bemühen, keine bedeutsame Fallhöhe zu erzeugen, wirkt mehr die
Parteivorsitzende mutlos auf ihre Partei. Die Kanzlerin aber wirkt 
eventuell eher besonnen auf Bürger. Das ist exakt das, was für Merkel
zählt. Ihre Lehre aus dem reformübereifrigen Wahlkampf 2005 könnte 
man als die Macht des Mittelmaßes beschreiben. Die Kanzlerin will 
nicht möglichst viele Menschen begeistern, sondern möglichst wenige 
verstören.
Die Mitte der Gesellschaft, das sieht die Vorsitzende anders als 
weite Teile ihrer Partei, ist nicht kompakt bürgerlich. Die Mitte der
Gesellschaft ist Große Koalition, so eintönig das vielen erscheinen 
mag. Mit der SPD regiert die Kanzlerin gerade in dieser schweren 
Krise komfortabel. Erstens profitiert sie als Regierungschefin von 
kompetenten Sozialdemokraten wie Peer Steinbrück. Und zweitens könnte
sie auf dessen Kosten im Zweifel auch Fehlentscheidungen von sich 
fernhalten.
Viel spricht dafür, dass Merkel am liebsten auch nach 2009 eine 
Große Koalition weiterführen würde. Deren breite Mehrheit garantiert 
ihr Kompromisse ohne große Machtworte. Eine Partei wie die FDP 
hingegen, die sich gezielt an eine begrenzte Klientel wendet, würde 
auch gezielt mitregieren wollen und eine Kanzlerin mit einer knappen 
schwarz-gelben Mehrheit gewaltig herausfordern. Das darf man als 
Merkels Lehre aus Rot-Grün und Gerhard Schröders zahlreichen 
Machtworten begreifen.
Wie sehr die Kanzlerin auf die Mitte (und die Macht) fixiert ist,
hat die CSU vor den Landtagswahlen erlebt. Für ihre auf Bayern 
begrenzte Klientel hat sie extrem gezielt Steuerentlastungen verlangt
- und ist kühl ignoriert worden. Merkel wollte ihre Regierung nicht 
strapazieren, die Union dagegen schon. Zum üblichen Grußwort des 
CSU-Chefs an den CDU-Parteitag kommt Horst Seehofer nicht, weil er 
angeblich die bayerische Landesbank retten muss. Merkel wird das 
nicht weiter berühren, ebenso wenig wie der Unmut vieler 
Christdemokraten. Sie folgen ihr - solange die Macht das Ziel ist.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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