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WAZ: Lehrer werden umworben - Gute Pädagogen in schönen Schulen - Leitartikel von Wilhelm Klümper

Essen (ots)

Von wegen "faule Säcke". Die von Bundeskanzler
Schröder noch derart verunglimpften Lehrer werden heute umgarnt. 
"Sehr guten Morgen, Herr Lehrer" heißt es auf Plakaten in 
Baden-Württemberg, mit denen Pädagogen ins Ländle gelockt werden 
sollen. Und ausgerechnet das arme Berlin kratzt Geld zusammen, um das
Gehalt ihrer Lehrer um über 50 Prozent zu erhöhen.
Der aktuelle Lehrermangel tut der Wertschätzung dieses Berufes 
gut. Mehr Geld und mehr Anerkennung könnten die Zahl der 
hervorragenden Lehramtsanwärter erhöhen. Viele Lehrer haben ein eher 
bescheidenes Abi gebaut. Der Lehrerberuf war daher angesichts der 
Zulassungsbeschränkungen in anderen Fächern für manchen nur eine 
Notlösung.
Wer sich an seine eigene Schulzeit erinnert oder seinen Kindern 
aufmerksam zuhört, weiß um die herausragende Bedeutung von guten 
Lehrern für den weiteren Lebensweg. Ein fachlich versierter 
Mathepauker, der aber nicht erklären und damit kindgemäß unterrichten
kann, vergällt ganzen Jahrgängen von Schülern lebenslang die Lust auf
dieses Fach. Und langweilige Deutschlehrer werden es niemals 
schaffen, ihre Schüler für die faszinierende Welt der Literatur zu 
begeistern. "Welch ein Beruf! Welches Schicksal kann es für ein Kind 
oder für einen Jugendlichen bedeuten, den richtigen Lehrer zur 
richtigen Stunde zu finden oder zu verfehlen", schreibt der Pädagoge 
Bernhard Bueb in seinem jüngsten Buch "Von der Pflicht zu führen".
An guten Schulen sollten die Lehrer zukünftig weniger allein 
gelassen werden. So kann etwa Biologieunterricht in vier parallelen 
Klassen stattfinden und keiner der Lehrer weiß, was im benachbarten 
Klassenraum passiert. Solange sich ein Pädagoge an die Lehr- und 
Versetzungspläne hält, kann er weit gehend ohne Erfolgskontrolle vor 
sich hinwursteln. Um sich auszutauschen, brauchen Lehrer 
Rückzugsmöglichkeiten. Warum haben Lehrer eigentlich kein eigenes 
Büro?
Schulen müssen zukünftig professionell wie ein Unternehmen 
geführt werden. Der Schulleiter von heute ist als Verwaltungschef ein
bürokratischer Papiertiger. Schlechte Lehrer kann er nicht 
rausschmeißen, lediglich zur Versetzung vorschlagen, exzellente 
Lehrer darf er nicht mit Leistungsprämien belohnen. Wir brauchen 
engagierte Schulmanager mit beherzten, gut bezahlten Lehrern in 
schönen Schulgebäuden. Dann muss es uns um unsere Zukunft nicht bange
sein.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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