Alle Storys
Folgen
Keine Story von Westdeutsche Allgemeine Zeitung mehr verpassen.

Westdeutsche Allgemeine Zeitung

WAZ: 50 Jahre nach dem Aufstand - Gefährliche Ruhe in Tibet. Leitartikel von Jutta Lietsch

Essen (ots)

Soldaten und Polizisten mit Stahlhelmen und Gewehren
bewachen, hinter Sandsäcken geschützt, Straßen und Klöster. 
Internationale Touristen sind auf dem Dach der Welt derzeit nicht 
willkommen. Um zu verhindern, dass "Anhänger des Dalai Lama und 
westliche Gruppen, die eine Unabhängigkeit Tibets unterstützen", aus 
Nepal und Indien über die Grenze schlüpfen, hat Chinas Armee die 
Kontrollen auch dort verschärft. Kein Zweifel: China ist extrem 
nervös. Eine Reihe heikler Gedenktage steht bevor. Heute vor einem 
halben Jahrhundert, am 10. März 1959, begann der Aufstand in Lhasa 
gegen die chinesische Armee. Eine Woche später floh der Dalai Lama 
ins indische Exil.
Am 14. März vorigen Jahres gingen in Lhasa und anderen Städten 
die Tibeter auf die Straße. Sie zündeten Geschäfte und Schulen an. 
Deshalb hat Peking jetzt die Parole ausgegeben: "Jede Unruhe muss im 
Keim erstickt werden!" Die Regierung versucht seit Jahren, jede 
offene Debatte über die Situation zu unterbinden. Konflikte schiebt 
sie dem "Dalai Lama und seiner Clique" in die Schuhe. Über mögliche 
soziale Ursachen, etwa die Zuwanderung chinesischer Händler und 
Wanderarbeiter, soll nicht debattiert werden. Proteste gegen soziale 
Ungerechtigkeit und Beamtenwillkür verurteilt sie als Zeichen für 
"Spaltertum".
Statt dessen zeichnen Chinas Medien ein Bild glücklichen 
Beisammenseins von Tibetern, Han-Chinesen und anderen Nationalitäten.
Doch die Realität ist komplizierter. Seit den Unruhen des vergangenen
Jahres sind Vorurteile und Misstrauen zwischen den 
Bevölkerungsgruppen gewachsen: Han-Chinesen in Lhasa fürchten sich, 
am Abend durch Stadtteile zu gehen, die überwiegend von Tibetern 
bewohnt werden. Tibeter wiederum berichten, sie und ihre Kinder 
würden von Han-Chinesen auf offener Straße verhöhnt und beschimpft.
Ein Ausweg aus der verfahrenen Situation ist schwer zu finden. 
Die Pekinger KP ist offenbar zerstritten, doch die Oberhand haben die
Betonköpfe, die auf den Tod des 73-jährigen Dalai Lama warten. Ist er
erst einmal nicht mehr da, werde sich das Pro-blem von selbst lösen, 
argumentieren sie. Der Dalai Lama setzt ebenfalls auf die Zukunft. 
Allerdings erscheint die ferner denn je: Irgendwann, so die Hoffnung,
werde aus China ein Land, das allen Bürgern mehr Freiheiten und ihre 
eigene kulturelle Identität zubilligt - auch den Tibetern. Dafür wäre
es dringend nötig, dass sich demokratisch gesinnte Han-Chinesen und 
Tibeter über eine gemeinsame Vision für ihr künftiges China und Tibet
verständigen.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

Original-Content von: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Weitere Storys: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
  • 09.03.2009 – 19:59

    WAZ: Wolfgang Clement und die SPD - Angriffslustig. Kommentar von Norbert Robers

    Essen (ots) - Wolfgang Clement macht auch nach seinem Austritt aus der SPD so weiter, wie man ihn kennt: angriffslustig, streitsüchtig, bärbeißig. Warum auch nicht? Diejenigen, die ihm jetzt Stillschweigen empfehlen, ignorieren das gute Recht des ehemaligen NRW-Ministerpräsidenten auf freie und resolute Meinungsäußerung. Sein Vorwurf der "Machtgier" mit ...

  • 09.03.2009 – 19:57

    WAZ: Armer Gigolo, kluger Gigolo. Kommentar von Ute Schwarzwald

    Essen (ots) - Schöner Gigolo: Keine zwei Monate liegen zwischen dem Tag, an dem Helg Sgarbi in einem Tiroler Hotel Susanne Klatten zum ersten Mal anspricht, und dem, an dem sie ihm in einer Tiefgarage einen Karton mit sieben Millionen Euro übergibt. Einer vagen Geschichte um einen Unfall und ein junges Mädchen im Rollstuhl wegen. Rührend, aber frei erfunden von dem Mann, der da seit nicht einmal vier Wochen ihr ...

  • 09.03.2009 – 14:57

    WAZ: Franz weist Spekulationen über zweistelligen Lohnverzicht zurück

    Essen (ots) - Der Opel-Gesamtbetriebsratschef und Vorsitzende des europäischen Arbeitnehmer-Forums von General Motors, Klaus Franz, ist Spekulationen über einen zweistelligen Lohnverzicht für die Opel-Beschäftigten entgegengetreten. "Ich lasse mich nicht festlegen. Bevor es zu Verhandlungen darüber kommt, müssen wir uns erst mit den Betriebsräten und der ...