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WAZ: Obamas Rückzieher. Yes, we can - doch nicht. Leitartikel von Gudrun Büscher

Essen (ots)

Eine Welle der Begeisterung hat US-Präsident Barack
Obama ins Weiße Haus getragen - begleitet von Hoffnungen und 
Erwartungen. Change - Wandel - hat er versprochen und mit der Politik
seines Vorgängers gebrochen. Klimaschutz? Die USA machen mit! Iran? 
Keine Tabus! Irak? Wir leiten den geordneten Rückzug ein! 
Afghanistan? Wir verstärken Truppen und zivile Aufbauhilfe! 
Guantánamo? Wird geschlossen! Folter? Amerika foltert nicht! "Niemand
steht über dem Recht", sagt Obama. So hat der Senator aus Chicago die
Wahlen gewonnen. Doch seine mitreißende Dreiwortprogrammatik - Yes, 
we can - gerät im Oval Office aus den Fugen. Yes, we can - doch 
nicht! sagt er jetzt. Der erste schwarze Präsident im Weißen Haus 
macht Bekanntschaft mit dem Grau des Alltags. Und seine 
Anhängerschaft in aller Welt mit ihm.
Vaclav Havel, der frühere tschechische Staatschef, hatte dem 
Präsidenten geraten, nie mehr zu versprechen, als er halten könne. 
Denn wer Hoffnungen weckt, die nicht rasch in Erfüllung gehen, muss 
mit Enttäuschung und Zorn rechnen. Was Obama nun entgegenschlägt, ist
der Anfang einer enttäuschten Liebe. Doch der US-Präsident muss nicht
everybody's darling sein. Er muss amerikanische Interessen vertreten 
- nach innen und nach außen. Und die sehen im Amt anders aus als im 
Wahlkampf.
Deshalb stehen den Obama-Fans harte Zeiten bevor. Denn der 
Präsident hat ein schweres Erbe angetreten. Er muss unbequeme 
Entscheidungen treffen. Nur ein Beispiel: Was macht Obama, wenn der 
Iran seine ausgestreckte Hand nicht annimmt? Wie reagiert er, wenn 
das Basteln an der Atombombe weitere Fortschritte macht? So sehr es 
sich der US-Präsident auch wünschen würde, nicht nur als erster 
schwarzer Präsident in die Geschichte einzugehen, sondern als erster 
Präsident, der die atomwaffenfreie Welt ein großes Stück 
vorangebracht hat, so unrealistisch ist es.
Obama hat Träume, aber ein Träumer ist er nicht. Er ist in der 
Wirklichkeit angekommen. Sein Nein zur Veröffentlichung der neuen 
Folter-Bilder gehört dazu. Die Fotos würden die Rufe nach 
strafrechtlichen Konsequenzen für die Verantwortlichen wieder 
verstärken. Ex-Vize-Präsident Cheney gibt unumwunden zu, 
Folterpraktiken genehmigt zu haben, auch Ex-Präsident Bush habe davon
gewusst. Vor einem solchen Untersuchungsverfahren aber schreckt Obama
zurück. Es würde das Land zerreißen. Und das ist das Letzte, was 
Amerika in der großen Krise braucht.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de

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