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WAZ: Strukturdebatte muss sein - Schule, die Dauerbaustelle - Leitartikel von Theo Schumacher

Essen (ots)

Drei Nachrichten zum Schuljahresende, scheinbar
willkürlich ausgewählt: Dem Land brechen bis 2012 über 26 Milliarden 
Euro an Steuereinnahmen weg; die Schulministerin drängt tausende 
Teilzeitlehrer zu Mehrarbeit, weil sie sonst Lücken in der 
Unterrichtsversorgung nicht schließen kann; der Sozialverband 
Deutschland teilt mit, dass jedes vierte Kind in NRW mit seiner 
Familie in Armut lebt. Drei Nachrichten, die nach den Ferien über 
kurz oder lang Lehrer, Schüler und Eltern einholen.
Finanzkrise, Lehrermangel, Sozialgefälle - all das und noch viel 
mehr muss die Schule aushalten. Sie ist - natürlich - Ort des Lernens
und der Freude, aber nirgends prallen gesellschaftliche Gegensätze so
hart aufeinander, werden Mängel so schonungslos sichtbar. Für 
Politiker ist sie eine Dauerbaustelle von machtentscheidender 
Bedeutung, auf der das Wohl der Schüler zu oft aus dem Blickfeld 
gerät. Logisch, dass ein Jahr vor der Landtagswahl Eigenlob oder 
Häme, je nach Standort, noch dicker aufgetragen werden.
Wo steht NRW mit seinen Schulen? Mit dem Regierungswechsel 2005 
setzte der größte Umbruch seit langem ein. CDU und FDP krempelten das
Schulgesetz um, griffen tief ein in den Unterrichtsalltag. Vieles, 
was nur gegen Kritik und rot-grünen Widerstand durchzusetzen war, hat
sich beruhigt: Die Auflösung der Grundschulbezirke oder die 
verbindliche Empfehlung für weiterführende Schulen sind keine 
Aufreger mehr. Selbst der - berechtigte - Protest gegen Kopfnoten 
scheint zur Fußnote verkümmert zu sein. Das Zentralabitur lief in 
diesem Jahr fast geräuschlos ab.
Aber die relative Ruhe kann nicht über die strukturelle 
Schieflage hinwegtäuschen, unter der vor allem Hauptschulen leiden. 
Zu oft stehen ihre Absolventen ohne Berufsaussicht da, ohne echte 
Chance, sich eine Zukunft zu erarbeiten - Verlierer eines 
Schulsystems, das an seine Grenzen gestoßen ist. Während der 
öffentliche Streit über die Hauptschule als "Auslaufmodell" ihre 
Schüler und die - oft besonders einsatzbereiten - Lehrer beschämen 
muss, gelingt es der Koalition kaum noch, das Thema unter der Decke 
zu halten. Nach der Wahl wird es aufbrechen, spätestens. Die FDP 
wittert das Risiko - sie setzt sich schon ab. Der Glaube, alle 
Probleme auf der Baustelle Schule ließen sich lösen, wenn nur die 
Lehrer engagiert genug sind, ist eine Illusion. Gute Pädagogen sind 
der Kitt, aber man darf ihnen nicht zuviel aufbürden. Der Niedergang 
der Hauptschule belegt, dass es ohne Strukturdebatte nicht geht.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de

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