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WAZ: FDP und Union - Autoaggressive Wespenkoalition - Leitartikel von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Mam kann die biestige Balgerei zwischen Union und
FDP tierisch leicht erklären: Als hirschgleiches Imponiergehabe 
(Bayerns CSU), trauerschwanige Liebe (FDP) oder hundsgemeine Taktik 
(CDU). Lässt man die büffeligen Halb-Beleidigungen und 
schlangenhaften Ganz-Unterstellungen beiseite, zeigt sich: 
Schwarz-Gelb freut sich längst nicht mehr dackelig auf Schwarz-Gelb.
Vor vier Jahren war Schwarz-Gelb eine Projektion - Deutschlands 
Neustart mit einer liberalen, marktwirtschaftlichen Reformkoalition. 
Horst Köhlers Wahl zum Bundespräsidenten sollte den Auftakt bilden. 
Aus den Hoffnungen wurde eine großkoalitionäre Realität, aus der 
liberalen eine mehr oder weniger sozialdemokratische Union. Wobei es 
für die SPD durchaus ein bitterer Erfolg ist, die Union derart 
sozialdemokratisiert zu haben. Jedenfalls vergrößerte sich der 
mentale Abstand zwischen den Schwarzen und den Gelben: Aus trauter 
Zweisamkeit wurde eine misstrauische Geschäftspartnerschaft.
Nicht nur persönliches Vertrauen schwand, auch ideologische Nähe.
Horst Seehofer verbindet mehr mit Steinmeier als mit Westerwelle. Der
Ober-Bayer hat die Liberalen schon mal wissen lassen, was mit der CSU
alles nicht geht: von der Abschaffung der branchenbezogenen 
Mindestlöhne über die Lockerung des Kündigungsschutzes bis hin zur 
Zulassung der Gentechnik. Die Weltwirtschaftskrise macht die Räume 
gerade für liberale Lieblingsprojekte wie Steuersenkungen eng, wenn 
nicht zu. Eine grundsätzliche Wende in der Gesundheitspolitik ist 
kaum möglich, schafft doch der großkoalitionäre Gesundheitsfonds 
praktisch unumkehrbar Fakten und von der liberalen Kopfpauschale hat 
sich die CDU zuletzt sogar selbst verabschiedet. Unterm Strich steht 
kein fröhlicher Aufbruch, sondern eine illusionslose Fortsetzung.
Hinzu kommen aus Merkels Sicht auch einige sehr praktische 
Überlegungen. In einer Großen Koalition könnte sie quasi präsidial 
weiterregieren, Schwarz-Gelb stünde hingegen eine harte linke 
Opposition gegenüber. Mit der SPD in einem Bündnis wären die 
Gewerkschaften halbwegs mit an Bord, eine kleine Koalition hätte hier
mächtige Gegner mit dem Potenzial zur Mobilisierung der Straße.
Und schließlich: Merkel hat keineswegs immer dieselben Interessen
wie Jürgen Rüttgers, aber sie will NRW für die Union nicht verlieren.
Und eine schwarz-gelbe Koalition in Berlin wäre für Rüttgers weitaus 
gefährlicher als ein schwarz-rotes "Weiter so".

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Telefon: 0201 / 804-6528
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