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WAZ: Schwarz-Gelb ist kein Selbstläufer - Kleine Farbenlehre für NRW. Leitartikel von Thomas Wels

Essen (ots)

Die Nervosität im Lager der NRW-Liberalen dürfte
seit dem Wochenende zunehmen. Nicht nur, dass die Grünen auf einem 
bemerkenswerten Parteitag die Pragmatiker auf den vorderen 
Listenplätzen versammelt und damit die Tür zur CDU aufgeschlossen 
haben; zugleich hat der schwarze Teil der Koalition einmal mehr seine
Fehleranfälligkeit bewiesen - siehe der Patzer des 
CDU-Generalsekretärs Hendrik Wüst; der Untersuchungsausschuss zur 
Affäre um die vermeintliche Entsorgung eines unliebsamen Beamten im 
Umweltministerium ist für weitere Fehler gut, dessen Chef Uhlenberg 
in der Koalition jetzt schon als Schwachpunkt identifiziert; 
Turbo-Abi und Studenten-Proteste bleiben zur Landtagswahl 
Groß-Themen. Kurzum: Schwarz-Gelb ist kein Selbstläufer. Erst recht 
nicht, wenn man das Karma des Stolperns und Streitens ins Kalkül 
zieht, das von der Spree-Koalition an den Rhein wabert.
Was das mit dem Grünen-Parteitag und der FDP zu tun hat? Eine 
ganze Menge. Die Grünen haben sich erkennbar von einer SPD 
emanzipiert, mit der sie eine Regierungsgeschichte von Querelen und 
Gängeleien verbindet: wie der Dauerzank um den Braunkohleabbau 
Garzweiler oder der Versuch von Ministerpräsident Steinbrück, die 
Koalition zu beenden. Die SPD hat die Grünen an Rhein und Ruhr 
schlechter behandelt als der Koch den Kellner. Zudem löst sich fast 
schon natürlich die Bande einer Partei mit freiheitlichen Wurzeln von
einer Partei etatistischer Herkunft.
Wenn Grün und Schwarz sich füreinander öffnen, ist das eine 
mögliche Regierungskonstellation, sofern Grüne mehr Stimmen holen als
die FDP und es für die Mehrheit reicht. SPD-Chef Gabriel spürt die 
Gefahr und grenzt die SPD von den Grünen ab ("nicht mehr unser 
traditioneller Partner"). Was er nicht sagt: Diese Strategie zielt in
NRW auf die Große Koalition.
Mit Schwarz-Gelb, Schwarz-Rot und Schwarz-Grün liegen drei 
mögliche Zweier-Bündnisse auf dem Tisch, alle voraussichtlich unter 
einem Regierungschef Rüttgers und mit höherer Wahrscheinlichkeit 
versehen als Dreierbündnisse: Rot-Rot-Grün mit sektiererischem 
Links-Personal würde der SPD die Mitte rauben; Verheerungen an der 
Basis müssten auch Grüne fürchten, wenn sie in einem Jamaika-Bündnis 
dem Feindbild FDP die Macht erhielten. Gleiches gilt für 
Rot-Gelb-Grün. Aus heutiger Sicht jedenfalls. Wenn sich Grün aber 
Schwarz öffnen kann, warum nicht mittelfristig auch den Liberalen? Es
wird unübersichtlicher in NRW und Deutschland, dafür aber bunter.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de

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