Westdeutsche Allgemeine Zeitung
WAZ: Westerwelle wird 50 . . . - . . . und Seehofer lobt die FDP. Ein Irrtum. Leitartikel von Ulrich Reitz
Essen (ots)
In diesem Jahr versuchte sich Horst Seehofer als Weihnachtsmann. Er legte der FDP die Vorhersage auf den Gabentisch, das kommende Jahr werde das ihrer Rückkehr sein. Das werden die Liberalen zunächst als ausgesprochen freundlich empfinden und dann werden sie sich wundern, sind sie doch verantwortlich für das Ende der CSU-Alleinherrschaft in Bayern. Wer Horst Seehofer auch nur ein wenig kennt, der weiß, dass es der Bayer anders gemeint haben muss als freundlich. Als ausgesprochene Boshaftigkeit nämlich. Ein Versprechen, für dessen Einlösung man selbst nicht verantwortlich gemacht werden kann und das nach aller Wahrscheinlichkeit auch nicht eintreffen wird, ist einfach nur sehr, sehr gemein.
Guido Westerwelle feiert heute mit 100 Gästen in seinem Mallorca-Haus mit seinem Mann Stefan Mronz seinen 50. Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch! Als Westerwelle noch davon träumte, mit Angela Merkel zu regieren, war die liberale Welt noch strahlend blau und leuchtend gelb. Als dieser Wunsch in Erfüllung ging, trübte sich sehr schnell alles ins Graue. Heute ist Außenpolitik Innenpolitik und ohnehin fast immer Chefinnensache. Der Außenminister von gestern ist der Staatssekretär von heute. Kennt jemand einen Staatssekretär? Außerdem lebte der viel beschworene Hans-Dietrich Genscher vor allem davon, dass sich Franz Josef Strauß über ihn aufregte und der konservative Teil der Union. Heute wird, siehe oben, Westerwelles Partei vom Strauß-Erben gelobt und der konservative Teil der Union ist noch machtloser als früher. Es fehlen Freunde und Feinde von Gewicht.
Heute will kaum noch jemand überhaupt verdächtigt werden, liberal zu sein. Dahin hat es die FDP gebracht. Sie hätte den Casino-Kapitalismus niemals stützen dürfen. Sie hätte sich in Zeiten, in denen das Volk nicht nach Aufbruch, sondern Sicherheit ruft, nicht eine derart junge Führung geben dürfen. Sie müsste sich um Städte, Straßen und Schulen kümmern. Anstatt nur um Steuern. Sie hätte das Internet als Thema nicht an die Piratenpartei verschlafen dürfen. Der Euro? Merkel. Die Energiewende: Röttgen. Die beiden wichtigsten Themen sind in der Koalition fest in schwarzen Händen. Und weil es viel gibt, was die FDP besser unterlassen hätte, wird es vorerst nichts mit ihrer Rückkehr.
Fazit: Liberales Denken und Handeln ist wichtig. Die Partei der Liberalen ist es nicht mehr. Auf der Suche nach den Gründen werden Historiker eines Tages beinahe nur auf Selbstgemachtes stoßen.
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