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WAZ: Merkels Kompass - Kommentar von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Angela Merkels Erfolg, aus europäischer Perspektive erklärt, sieht so aus: Spanien, Frankreich, Italien, Großbritannien - in keinem dieser Länder hat der Regierungschef die Finanzkrise überstanden. Nur Merkel. Und die Neuen, die Nachfolger, sehen heute schon wieder alt aus. François Hollande, der wenig bis nichts auf die Kette kriegt, würden die meisten Franzosen am liebsten gegen die deutsche Kanzlerin eintauschen und der Brite David Cameron ist auch nur noch ein Schatten. Ganz anders Merkel.

Kurz vor der Wahl hat Europas einflussreichstes Nachrichtenmagazin, der britische Economist, ein Merkel-Titelbild veröffentlicht, das die Deutsche zeigt als Europas Regentin, wohlgemerkt, nicht als Kanzlerin in Europa, sondern als Europas Kanzlerin. Dann werden ihre Erfolge aufgezählt: Die Griechen im Euro gehalten, die Nordländer dazu gebracht, den klammen Südländern zu helfen, Berlusconi weg.

Nichts davon war allein Merkel, aber an allem war sie maßgeblich beteiligt. Jedenfalls sehen das die Länder um die Deutschen herum so. Ihre Vision lautet: Europa in der Welt stark halten. Die Europäer stellen sieben Prozent der Weltbevölkerung, erbringen 25 Prozent der Weltwirtschaftsleistung und konsumieren 50 Prozent, glatt die Hälfte der weltweiten Sozialausgaben. Merkels Fazit: Wer so leben will, muss ziemlich stark sein. Darum der Druck auf Griechen, Spanier, Iren. Motto: keine Hilfe ohne Gegenleistung.

Wer nach Merkels Kompass sucht, findet ihn hier. Es geht ihr nicht um Mindestlöhne oder Rentenpunkte, da ist sie flexibel, sondern darum: Wie fügt sich das nationale Kleine ein ins europäische Große? Ihr Politikstil ist der Erfahrung geschuldet, dass es nur Schritt für Schritt geht. Und dass man den Mund nicht zu voll nimmt, weil man sich stets zwei Mal sieht im Leben. Probiert Merkel es ausnahmsweise ganz groß und ganz schnell, geht es prompt schief und heißt: Energiewende. Einen solchen Fehler wird das lernende System Merkel nicht wiederholen.

Man hat Merkel vorgeworfen, für große Reformen nur im Ausland gesorgt zu haben. Das stimmt und man kann es beklagen. Aber es wird so bleiben, gerade in einer Großen Koalition. Etwas anderes passt einfach nicht zur Raute.

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