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WAZ: Ein wenig Ruhe an den Schulen. Kommentar von Tobias Blasius zum Schulstart

Essen (ots)

Sie plane für das neue Schuljahr keine grundsätzlichen, neuen, strukturellen Veränderungen im Bildungssystem, kündigt Schulministerin Sylvia Löhrmann kurz vor dem Ferienende an. Diese Absage an weitere Umwälzungen hat in Nordrhein-Westfalen bereits Nachrichtenwert. In der Vergangenheit wurden die Schulen immer wieder zum Schlachtfeld ideologischer und gesellschaftspolitischer Kämpfe. Nun also ein wenig Ruhe. Reformmüde Lehrer, Schüler und Eltern werden es danken, wenn zur Abwechslung mal wieder die Wissensvermittlung ihren Alltag bestimmen sollte. Löhrmanns eigentliche Schlacht scheint geschlagen: Der Strukturwandel der NRW-Schullandschaft ist in vollem Gange. Immer mehr Haupt- und Realschulen gehen in Gesamt- und den neuen Sekundarschulen auf. Das von Rot-Grün so gepriesene "längere gemeinsame Lernen" ist unverkennbar auf dem Vormarsch. Hinzu kommt ein wachsender Anteil von behinderten Kindern in Regelschulen und ein Schrumpfen spezialisierter Förderschulen. Gemeinschaftsschul-Modelle wachsen rasant zur zweiten starken Säule neben dem Gymnasium, an dessen ungebrochener Anziehungskraft Einheitsschul-Idealisten hingegen verzweifeln. Der natürliche Wunsch der Eltern nach möglichst großen Entwicklungschancen ihrer Kinder deckt sich einstweilen mit den schulpolitischen Zielen der Landesregierung. Das Ergebnis sind immer buntere Lerngruppen mit höchst unterschiedlichen Fähigkeiten, Interessen und Startbedingungen. Man mag das "längere gemeinsame Lernen" als Ausdruck einer neuen Bildungsgerechtigkeit in NRW feiern, sollte aber nicht länger die Augen vor den praktischen Problemen verschließen. Der Ärger um die mehr schlecht als recht organisierte Inklusion gibt eine Ahnung davon, was es heißt, unterschiedlichen Talenten gerecht zu werden. Der Mangel an Sozialpädagogen ist keine Erfindung nimmersatter Gewerkschaften, sondern eine Realität, unter der vor allem schwächere Schüler leiden. Und das miese Abschneiden Nordrhein-Westfalens in bundesweiten Bildungsrankings bietet wahrlich keinen Anlass zur Beruhigung. Trotz der Reformpause.

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