Westdeutsche Allgemeine Zeitung
WAZ: Eine Chance vor allem für NRW - Kommentar von Frank Meßing zu Kaiser's Tengelmann
Essen (ots)
Noch ist nichts entschieden, noch müssen die 15.600 Beschäftigten von Kaiser's Tengelmann um ihre Stellen bangen. Sollte der sich abzeichnende Kompromiss Wirklichkeit werden, dürfte den beteiligten Handelsbossen und Verdi ein Platz in den Geschichtsbüchern der Wirtschaft sicher sein.
Über Jahrzehnte haben sich die Lebensmittelhändler einen erbitterten Kampf um Preise, Standorte und Marktmacht geliefert. Viele Unternehmen sind dabei auf der Strecke geblieben. Auch Kaiser's Tengelmann - zuletzt ein Zwerg unter den Supermarktketten - ist die Luft ausgegangen. Wenn es den Wettbewerbern nun gelingt, eine einvernehmliche Lösung für die Mülheimer Kette zu finden, rücken endlich wieder auch die Menschen in den Fokus, deren Existenz auf dem Spiel steht.
Dieser Wirtschaftskrimi hat das Zeug zu einem Happy End mit der hoffentlich bleibenden Botschaft, dass Arbeitsplätze mindestens so viel wert sind wie kartellrechtliche Regeln. Das Ringen um Kaiser's Tengelmann hat die einst tiefe Kluft zwischen Edeka und Verdi ein wenig geebnet. Aus dem zuletzt unwürdigen Geschacher können die Streithähne zudem die Erkenntnis mitnehmen, dass sie im konstruktiven Miteinander am Ende mehr erreichen, als Heerscharen von Juristen zu bezahlen und Entscheidungen aus der eigenen Hand in die von Gerichten zu geben.
Unter der von Tengelmann-Chef Haub angedrohten Zerschlagung würden insbesondere die rund 4000 Beschäftigten in NRW leiden. Übernimmt Edeka, haben die Mitarbeiter in der Mülheimer Zentrale und am Verwaltungs-, Logistik- und Fleischwerk-Standort Viersen zumindest eine fünfjährige Perspektive. Auch die Filialen, von denen hierzulande viele tiefrote Zahlen schreiben, bekommen als Edeka- oder Netto-Märkte eine neue Chance.
Verdi hat mit Edeka komfortable Tarifverträge ausgehandelt. Kommen sie zur Anwendung, muss der Handelsriese aber auch Wort halten. Die Kosten, die Edeka durch die Kaiser's Tengelmann-Übernahme entstehen, dürfen nicht im übrigen Konzern wieder eingespart werden.
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